12.2.06

Grassianer

Auch in einigen deutschen Städten hat es inzwischen Aufzüge beleidigter Prophetennichtvorsteller gegeben. Sehenswert dabei insbesondere die Bravo-Foto-Story von typoskript.net über das Erscheinen des Propheten vor der Dänischen Botschaft in Berlin.

In Düsseldorf kam es ebenfalls zu einer Missfallenskundgebung lokal ansässiger Muslime (eindrucksvolle Fotos bei Spirit of Entebbe), die Sanktionen gegen jene verhängt sehen wollen, die bürgerliche Freiheiten der Sharia vorziehen:
„Daher fordern wir die Verantwortlichen der Politik dazu auf, dieses Verständnis von Presse- und Meinungsfreiheit, dass sich anmaßt, Menschen in ihren religiösen und moralischen Werten beleidigen zu dürfen, gesetzlich dahingehend einzuschränken, dass jeder, der in Ausführung seiner Presse- und Meinungsfreiheit andere beleidigt, mit ernsten strafrechtlichen Konsequenzen bedroht wird.“
Was eintritt, wenn solcherlei Verlangen nicht ruckzuck umgesetzt wird, verschweigen die Initiatoren des Aufmarsches gar nicht erst:

„Solange dies nicht geschieht, werden Muslime mit den friedlichen Protestaktionen nicht aufhören. Die Frage ist nur, wie lange sie friedlich bleiben, wenn auch heute noch immer wieder neue Nachrichten dahingehend zu hören sind, dass die Karikaturen weiterhin in verschiedenen Tageszeitungen oder auf Internetseiten veröffentlicht werden.“

Ein Häuflein von sieben Aufrechten wagte sich mutig gegen diese üble Manifestation auf die Straße, mit einem Transparent und Flugblättern bewaffnet, auf denen für das Recht auf Blasphemie und die Pressefreiheit geworben wurde. Das Ganze riecht etwas autonom, und auch der Vorwurf an den Protestmob, zu einseitig zu sein, mutet günstigstenfalls ein wenig naiv an – ganz so, als ob der Brandschatzerei oder doch wenigstens dem scheinbar friedlichen Protest doch noch ein Rest an politischem Mehrwert abgepresst werden könnte. Für diesen Verdacht spricht auch die folgende Einschätzung der Aktivisten, der man anmerkt, dass ihren Vertretern bei allem Engagement für das freie Wort irgendwie nicht wohl ist mit den Zeichnungen in Jyllands Posten:
„Die dänischen Karikaturen – inwieweit jene rassistisch konnotiert sind, ist ohnehin schwer zu beurteilen – werden kaum auf ihre mögliche islamophobe Dimension hin kritisiert, sondern werden nur als vermeintlich rationales Moment für eine an sich irrationale Antimoderne instrumentalisiert.“
Wie die islamophobe Dimension der Cartoons nun eigentlich aussehen und was das Problem an ihr sein soll, wird nicht näher ausgeführt. Möglicherweise haben sich die Verfasser des Flugblatts nicht getraut, genauer zu werden, weil sie vor der Erkenntnis erschraken, dann dem Grass näher zu sein als denen, die ihre Stellungnahmen gegen die derzeit aggressivste Religion nicht in der zwar prinzipiell selbstredend zu befürwortenden, aktuell das Problem aber eher vernebelnden Forderung nach einem grundsätzlichen Recht auf Gotteslästerung aufgehen lassen wollen. Der Bericht über die Aktion passt daher weitaus besser auf die intellektuelle Zumutung Indymedia, als es seine Verantwortlichen zugeben würden.