16.8.06

Ein Sieg der Hizbollah?

Hierzulande ist man sich in Politik wie Medien einig: Die UN-Resolution 1701 ist ein Riesenerfolg der Diplomatie; der Waffenstillstand im Libanon ist zwar vielleicht noch etwas fragil, aber das wird schon noch; die UN-Truppen – deren Bestückung mit deutschen Soldaten man kaum erwarten kann – werden es jedenfalls gewiss richten. Doch während die israelische Regierung in das Vorhaben der Vereinten Nationen eingewilligt hat, feiern Hizbollah-Führer Hassan Nasrallah und die Seinen ihren „historischen Sieg“ und bekräftigt der syrische Staatschef Bashar Al-Assad: „Selbstverständlich schließen wir Israel aus dem Friedensprozess aus, denn Israel ist ein Feind.“ Und stellt klar: „Denjenigen, die Syrien vorwerfen, es unterstütze die Hizbollah, sagen wir, dass dies für uns eine große Ehre ist und ein Orden an der Brust jedes Arabers.“ Diesmal ist es nicht nur das obligatorische Getöse, das die islamistischen Führer ungeachtet der realen Entwicklung von sich geben.

Denn in Israel wächst die Verärgerung über eine Regierung, die keines ihrer proklamierten Kriegsziele erreicht und stattdessen in eine UN-Resolution eingewilligt hat, die den Feinden des jüdischen Staates fraglos mehr nutzt als ihm selbst: Der Beschluss, der terroristische Gewalt mit Israels legitimer Selbstverteidigung auf eine Stufe stellt, sieht weder Maßnahmen zur Entwaffnung der Hizbollah noch Sanktionen für den Fall vor, dass sich die Terrororganisation nicht an ihn gebunden fühlt; damit fällt er sogar noch hinter die nie umgesetzte Resolution 1559 zurück. Stattdessen baut die UNO darauf, dass sich die Judenmörderbande schon an die Vereinbarung halten und ihre Angriffe einstellen wird. Israel wiederum wird auch im Falle eines Beschusses daran gehindert, sich zu verteidigen. Den „Frieden“ sichern sollen Soldaten der libanesischen Armee – die zu einem nicht eben geringen Teil aus Unterstützern der Hizbollah besteht – sowie Einheiten der UNIFIL, die noch nie Attacken aus dem Südlibanon auf Israel unterbunden hat. Der frühere Verteidigungs- und jetzige Verkehrsminister Shaul Mofaz (Foto oben) – der dem Ende der israelischen Militärmaßnahmen im Kabinett seine Stimme verweigerte – betonte deshalb, dass kein Land, in dem fast 4.000 Raketen eingeschlagen seien, mit einem solchen Waffenstillstand zufrieden sein könne.

„Der UN-Waffenstillstand unterhöhlt Israels Souveränität, schützt die Hizbollah, entlässt Iran und Syrien aus der Verantwortung, verleiht dem Glauben unserer Feinde, Israel könne vernichtet werden, Glaubwürdigkeit, ermutigt die Palästinenser, die nächste Runde des Krieges zu beginnen, und lässt die IDF-Geiseln Ehud Goldwasser und Eldad Regev in Gefangenschaft“, beurteilt Caroline Glick (Foto) in der Jerusalem Post die Resolution der Vereinten Nationen und befindet daher: „Wegen des Versagens der Regierung Olmert erwarten uns noch größere Schlachten. Weil die Gefahren stündlich wachsen, müssen wir diese scheußliche Regierung durch eine ersetzen, die uns verteidigt.“ Glicks Beitrag liegt bisher noch nicht in deutscher Sprache vor. Lizas Welt hat ihn daher übersetzt.


Caroline Glick

Die Regierung Olmert muss gehen!


Jerusalem Post
, 14. August 2006


Von allen Seiten des politischen Spektrums ertönt der Ruf nach einer offiziellen Kommission, um gegen die Regierung Olmert wegen deren unfähiger Kriegsführung im Libanon zu ermitteln. Diese Rufe sind irregeleitet. Wir brauchen keine Kommission, um herauszufinden, was passiert ist oder was zu geschehen hat. Die Regierung Olmert hat auf der ganzen Linie versagt. Die Regierung Olmert muss gehen. Die Knesset muss dieser Regierung ihr Misstrauen aussprechen, und es muss Neuwahlen so bald geben, wie es gesetzlich zulässig ist. Wenn die Knesset zögert, diesen notwendigen Schritt zu unternehmen, dann muss das israelische Volk Massendemonstrationen auf den Straßen veranstalten und fordern, dass unsere Vertreter Premierminister Ehud Olmert, Außenministerin Tzipi Livni, Verteidigungsminister Amir Peretz und ihre Kollegen dahin schicken, wo der Pfeffer wächst.

Jeder Aspekt des Umgangs der Regierung mit dem Krieg war falsch. Nehmen Sie die Hilfsmaßnahmen als ein Beispiel. Fünf Wochen lang ignorierte die Regierung das humanitäre Desaster im Norden, wo über eine Million Israelis unter Raketenbeschuss standen. Die Regierung entwickelte keinen umfassenden Plan zur Organisierung von Hilfsmaßnahmen, um Bürger in ihren Bombenschutzräumen zu versorgen oder sie zu evakuieren. Und dann gibt es noch die militärischen Misserfolge. Die IDF leidet unter dem akuten Versagen ihrer Führung – mit freundlicher Unterstützung von Ariel Sharon, der auf dem Generalstab herumhackte, sein Sendungsbewusstsein unterminierte und unsere Generäle wie Bürojungen behandelte – wie er auch den Likud schwächte, indem er dessen politische Vision untergrub und seine schwächsten Mitglieder förderte.

Dennoch liegt es in der Verantwortung der Regierung, die Generäle zu den richtigen Entscheidungen zu führen und dafür die Generäle zu finden, die diese Entscheidungen in Kriegszeiten zu treffen fähig sind. Es lag in der Verantwortung der Regierung, die Luftkriegsstrategie der IDF zu kritisieren, zu hinterfragen und ihre Verluste einzuschränken, als nach zwei oder drei Tagen deutlich wurde, dass diese Strategie falsch war. Zu diesem Zeitpunkt hätte die Regierung die Reservisten einberufen und eine Kombination aus Boden- und Luftoffensive starten sollen. Aber der Regierung war nicht danach. Sie wollte den Krieg billig gewinnen. Und als die Luftangriffe keinen Erfolg hatten, gab sie ihre Kriegsziele auf, verkündete den Sieg und klagte einen Waffenstillstand ein. Als die Öffentlichkeit widersprach, berief die Regierung – nachdem sie zwei wertvolle Wochen gewartet hatte – die Reservisten ein, wartete dann jedoch weitere zehn unverzeihliche Tage, bevor sie sie in den Kampf schickte. Währenddessen tat Außenministerin Tzipi Livni ihr Bestes, die IDF und die Öffentlichkeit zu demoralisieren, indem sie öffentlich erklärte, es gebe keine militärische Lösung für etwas, das ganz klar ein militärischer Konflikt ist.

Olmerts Entscheidung vom vergangenen Freitag, die Bodenoffensive zu beginnen, war nach allem, was man hört, nicht durch ein neu entdecktes Verständnis dafür motiviert, dass dies ein echter Krieg ist, sondern durch die Schlagzeilen in den Zeitungen an jenem Morgen, die seinen Rücktritt forderten. Am Freitag hatte die IDF jedoch nur noch 48 Stunden, um die Ziele zu erreichen, zu deren Vollendung sie einen Monat lang auf Olmerts Erlaubnis gewartet hatte. Auf diplomatischer Ebene schaffte es die Regierung in einem Zeitraum von fünf Wochen, Israels Allianz mit Amerika zu unterminieren, Syrien, der Hizbollah und dem Iran die größten diplomatischen Erfolge zu verschaffen, die sie jemals hatten, und die beispiellose internationale Unterstützung, die US-Präsident Bush ihr während des G8-Gipfels auf dem Silbertablett präsentierte, die Toilette hinunterzuspülen.

Der UN-Waffenstillstand, dem Olmert, Livni und Peretz applaudieren, unterhöhlt Israels Souveränität, schützt die Hizbollah, entlässt Iran und Syrien aus der Verantwortung, verleiht dem Glauben unserer Feinde, Israel könne vernichtet werden, Glaubwürdigkeit, ermutigt die Palästinenser, die nächste Runde des Krieges zu beginnen, und lässt die IDF-Geiseln Ehud Goldwasser und Eldad Regev in Gefangenschaft. Israels diplomatische Manöver waren auf unsere Außenministerin Tzipi Livni zugeschnitten, die glaubt, dass ihre Aufgabe darauf beschränkt ist, nett zu anderen Außenministern zu sein, wenn diese sie anrufen. In einem Interview mit Yediot Aharonot am Wochenende verteidigte Livni ihre Entscheidung, nicht in die öffentliche Diplomatie einzugreifen, indem sie behauptete, dies sei keine ausreichend wichtige Aufgabe für die Außenministerin. Dieser Standpunkt ergibt Sinn, denn als eine, die weder Diplomatie noch Englisch versteht, ist sie unfähig, öffentliche Diplomatie zu betreiben. Livni argumentierte, ihre Aufgabe als Außenministerin sei es, „diplomatische Prozesse zu gestalten“ – was auch immer das heißt. Darüber hinaus behauptete sie, dass der beste Weg zu internationaler Unterstützung nicht darin bestehe, für Israels Sache öffentlich zu argumentieren, sondern durch Diskussionen im Hinterzimmer, die der Entwicklung guter Beziehungen zu anderen Außenministern dienen. Das ist lächerlich. Die Aufgabe der Außenministerin ist es, Israel zu verteidigen und Israels nationale Interessen Fremden gegenüber zu befördern – und nicht, deren Freund zu sein.

Jenseits der Tatsache, dass die Stümperei der Regierung bei der militärischen Mission dazu führte, dass Olmert und Livni (Foto) mit leeren Händen an den Verhandlungstisch rannten: Der Grund dafür, dass die Waffenstillstands-Resolution des UN-Sicherheitsrats jeden einzelnen israelischen Anspruch ignoriert, besteht darin, dass Israel nicht aggressiv genug seine Ziele verfolgte. Während die Libanesen und die Araber all ihre Truppen zusammenzogen und die UNO unter Druck setzten, bat das Außenministerium führende US-amerikanische Juden, nicht über den Resolutionsentwurf zu sprechen und keine öffentlichen Einwände gegen den diplomatischen Prozess zu erheben, den Tzipi und Ehud mit ihren „Freunden“ „gestalteten“. Und so wurden Israels Positionen ignoriert. Der Grund dafür, dass diese inkompetente Peinlichkeit von Regierung abtreten muss, ist jedoch nicht einfach nur, weil sie Israel der schlimmsten Niederlage seiner Geschichte ausgeliefert hat. Diese Regierung muss abtreten, weil sie jeden Tag, den sie an der Macht ist, den Schaden verschlimmert, den sie bereits verursacht hat, und die Gefahr für Israel vergrößert.

Iran ist ermutigt worden. Sein Erfolg im Krieg wird nun von den Ayatollahs dafür verwendet, den Anspruch auf die Führerschaft über die arabische Welt zu bekräftigen. Zum Beweis für den Erfolg des Iran traf sich der ägyptische Präsident Hosni Mubarak in Kairo mit dem iranischen Außenminister Manouchehr Mottaki. Nun also, nach 27 Jahren offizieller Entfremdung, strebt Ägypten nach vollen diplomatischen Beziehungen mit Teheran. Auch die Palästinenser sind ermutigt worden. Führer und Sprecher der Hamas erklären ganz offen, dass genau so, wie Israels Rückzug aus dem Libanon im Mai 2000 den palästinensischen Terrorkrieg im September desselben Jahres brachte, auch Israels jetzige Niederlage im Libanon den Ausbruch eines neuen palästinensischen Terrorkrieges gegen Israel anspornen wird.

Die Amerikaner haben das Vertrauen in Israel als einen Alliierten verloren. Nachdem er Israel jede Gelegenheit gegeben hatte, diesen Krieg zu gewinnen – und dabei sogar deutlich signalisierte, dass Israel nicht zögern sollte, bis Beirut vorzustoßen, wenn es notwendig ist –, war Präsident Bush überzeugt, dass Olmert schlicht und ergreifend nicht kämpfen wollte. Die Amerikaner waren von Israels Auftritt schockiert. Sie wissen, dass wir gewinnen können, wenn wir uns darauf konzentrieren, und waren verblüfft, als sich ihnen eine israelische Führung präsentierte, die sich weigerte, das auch nur zu versuchen. Heute haben wir 30.000 Soldaten mit einer unklaren Mission im Libanon. Wegen des Versagens dieser Regierung muss Israel sich nun mit einer gestärkten Hizbollah herumschlagen, die von Kofi Annan geschützt wird. Bereits am Sonntag schickte Annan einen Brief an Olmert, in dem er ihn davon in Kenntnis setzte, dass die IDF nach Inkrafttreten des Waffenstillstands daran gehindert werden wird, etwas zu unternehmen, selbst wenn sie angegriffen wird. Laut Annan besagt die Resolution 1701, dass Israel für den Fall, dass es attackiert wird, lediglich seinen Sekretär anrufen darf.

Angesichts der Tatsache, dass sowohl die libanesische Armee als auch die Länder, die eine Truppenentsendung in den Libanon planen, sagen, dass sie nicht in den Süden einrücken, solange die Hizbollah nicht entwaffnet ist, ist es klar, dass die militärische Mission immer noch ihrer Vollendung harrt. In ihrer Hals-über-Kopf-Offensive während des Wochenendes brillierte die IDF, als sie versuchte, in 48 Stunden das zu bewerkstelligen, wofür ihr einen ganzen Monat lang die Erlaubnis verweigert worden war. Auch jetzt noch – im diplomatischen Minenfeld, das diese Regierung verursacht hat, bleibt die IDF die einzige militärische Kraft, die fähig ist, die Hizbollah zu bekämpfen und zu zerlegen. Aber es kann kein Zweifel daran bestehen, dass dies nicht unter dieser Regierung vollbracht werden wird. Es bleibt noch Zeit, um herauszufinden, was in der IDF falsch gelaufen ist. Es bleibt noch Zeit, um die Generäle zu feuern, die gefeuert werden müssen. Aber wir brauchen keine Kommission, um zu bestimmen, was wir zu tun haben. Wegen des Versagens der Regierung Olmert erwarten uns noch größere Schlachten. Weil die Gefahren stündlich wachsen, müssen wir diese scheußliche Regierung durch eine ersetzen, die uns verteidigt.

Hattips: Franklin D. Rosenfeld, Urs Schmidlin