6.2.08

Gaza, Dimona und die Folgen

Etwas mehr als ein Jahr lang gab es in Israel keinen Selbstmordanschlag. Das heißt nicht, dass es niemand versucht hätte – die israelische Armee und die Sicherheitsdienste verhindern solche Anschläge regelmäßig und zumeist ziemlich geräuschlos –, aber es ist seit Januar 2007 zumindest keinem „Shahid“ mehr gelungen, sich in einer Menschenmenge in die Luft zu sprengen. Nun hat es doch wieder einer geschafft, nämlich in der südisraelischen Stadt Dimona. Dass dabei nicht noch mehr Menschen ermordet oder verletzt wurden, lag vor allem an der Reaktionsschnelligkeit eines israelischen Polizisten. Denn der erschoss den zweiten Attentäter. Dieser war durch seinen explodierenden Märtyrerkollegen verletzt worden und lag am Boden. Während einige Sanitäter auf ihn zueilten, um ihn zu versorgen, versuchte der Mann mit aller verbliebenen Kraft, seinen Sprengsatz zu zünden. Bevor ihm das gelang, verhinderte der Polizist noch Schlimmeres.

Knapp zwei Wochen, nachdem die Hamas ihre mehrmonatigen Vorbereitungen abgeschlossen und die Grenzanlagen zwischen dem Gazastreifen und Ägypten medienwirksam beseitigt hat, ist damit das eingetreten, was das Ziel der Übung war: Das suicide bombing hat Israel wieder eingeholt. Denn die Shoppingtour der Bewohner von Gaza im Nachbarland – deren Ausmaß erstaunlich groß ausfiel, wenn man bedenkt, dass diesen Menschen angeblich fortwährend eine Hungerkatastrophe droht – war natürlich nur eine Begleiterscheinung der gewaltsamen Grenzöffnung. Deren eigentlicher Zweck bestand darin, den Terror über Ägypten nach Israel einsickern zu lassen, nachdem die israelischen Befestigungen und Kontrollen nahezu unüberwindlich geworden waren. Und es war nur eine Frage der Zeit, wann es wieder so knallen würde, wie die Hamas und andere vernichtungswütige Israelfeinde sich das vorstellen. Mehrere Organisationen rissen sich deshalb förmlich darum, die Verantwortung für das Attentat in Dimona zu übernehmen – darunter die Al-Aqsa-Märtyrerbrigaden, die bekanntlich mit der Fatah assoziiert sind. So viel zur vermeintlichen Friedfertigkeit der Abbas-Partei.

Nun hat Israel ein Sicherheitsproblem von 300 Kilometern Länge. Denn genau diese Strecke misst die Grenze zwischen Ägypten und Israel. „Ohne einen Zaun, der diese Grenze effektiv verschließt, und angesichts der Schwierigkeiten Ägyptens, den Gazastreifen abzuriegeln – die Grenze wurde am Montag erneut durchbrochen –, kann eine Welle zusätzlicher Versuche von Terroranschlägen in den kommenden Wochen erwartet werden“, schrieben Amos Harel und Avi Issacharoff in der Ha’aretz. Das zeigt einmal mehr, wie alternativlos und effektiv die Sperranlagen sind, die Israel entlang der Grenze zur Westbank und zum Gazastreifen errichtet hat. Sofern Ägypten auf Dauer nicht in der Lage sein sollte, palästinensische Terroristen vom Eindringen nach Israel abzuhalten, wird ein solcher Schutzwall auch an der israelisch-ägyptischen Grenzlinie unausweichlich sein. Doch der Grenzdurchbruch der Hamas und das Attentat in Dimona zeigen auch die Legitimität und Notwendigkeit der gezielten Ausschaltung führender Terroristen durch die israelische Armee und deren Eingreifen gegen Terrornester wie das in Jenin. Denn solange die Terrorführer um ihr Leben rennen müssen, haben sie Schwierigkeiten, den nächsten Anschlag zu planen und auszuführen. Und genau deshalb kann von einer „Gewaltspirale“ auch keine Rede sein, ganz im Gegenteil.

Um die internationalen Reaktionen und die hiesigen Medien schert sich Israel ohnehin besser nicht. Ginge es nach den Europäern oder den Vereinten Nationen, dann bliebe dem jüdischen Staat nämlich nur die Selbstentwaffnung. Wenn man den allfälligen Kommentaren folgt, soll Israel am besten tatenlos zusehen, wie es von Kassam-Raketen beschossen wird, wie Selbstmordattentäter ihr Werk verrichten und wie die Hamas Fakten schafft, ohne auch nur im Mindesten belangt zu werden. Israel soll seine Kontrollen aufgeben, den Palästinensern kostenlos Strom und Brennstoff liefern und sich ohne jede Gegenleistung aus den umstrittenen Gebieten zurückziehen. Wehren darf es sich nicht. Und auch die barbarischen Freudenfeiern in Gaza über den Anschlag in Dimona – bei denen Blumen und Süßigkeiten verteilt wurden – soll es einfach über sich ergehen lassen, während die Palästinenser milliardenschwer alimentiert werden, nicht zuletzt von der EU. Für Waffen ist jedenfalls immer Geld da. Das freut übrigens auch den Iran, der in der Hamas einen wichtigen Stützpunkt hat und sie großzügig finanziert. Die Welt, sie ist wirklich ein Irrenhaus.