Lizas Welt (VIII)
Pathos hat im Fußball – irgendwo vermutlich naturgemäß – ein festes Zuhause. Und es gibt Momente, da kann man sich dieser Ergriffenheit und Emphase nicht entziehen. Gestern war so einer – nicht in erster Linie deshalb, weil der FC Bayern München seine zwanzigste deutsche Meisterschaft feierte. Sondern weil einer sein letztes Spiel gemacht hat, den man mit Fug und Recht als unvergleichlich, ja unvergesslich bezeichnen kann: Bixente Lizarazu.
Er ist einer der erfolgreichsten Fußballer aller Zeiten und kann auf eine Titelsammlung verweisen, bei der sogar ein Franz Beckenbauer blass wird: Weltmeister, Europameister, Weltpokalsieger, Champions League-Sieger, sechs Mal deutscher Meister, fünf Mal deutscher Pokalsieger. Und damit ist die Aufzählung noch lange nicht vollständig. 18 Jahre lang war Liza Profi, davon neun beim FC Bayern. Und nicht nur deshalb sagt er über diesen Verein: „Das ist mein Klub, ich liebe ihn.“
Im letzten Bundesligaspiel gegen Borussia Dortmund durfte Lizarazu noch einmal 90 Minuten lang spielen; anschließend verabschiedete er sich lange von den Fans. Er tritt mit dem Gewinn des Doubles – also der Meisterschaft und des Pokals in einer Saison – in den Ruhestand. Leider gelang ihm kein Tor mehr – denn sonst wäre es doch noch zu der Attraktion gekommen, die Liza für den Fall des Gewinns der Champions League versprochen hatte: nackt über die Champs-Élyssées zu laufen. So blieb es gestern bei der Präsentation seines entblößten muskulösen Oberkörpers. Aber das hat ja auch schon richtig was.
Diverse Zeitungen haben Bixente Lizarazu in den letzten Tagen und Wochen zum Interview gebeten. Und Auszüge aus diesen Gesprächen zeigen noch einmal, was den 36 Jahre alten Franzosen so sympathisch macht und warum er so fehlen wird:
- Zu der nervtötenden Diskussion über das Thema „Führungsspieler“: „Das ist nicht so wichtig. Du brauchst mehrere Anführer in einem Team. Als wir mit Frankreich Weltmeister geworden sind, hatten wir nicht einen Chef – wir hatten acht. Diesen einen Chef zu suchen, ist eine deutsche Diskussion. Die Deutschen suchen immer einen Chef.“
- Zu seiner Ohrfeige gegen Lothar Matthäus 1999: „Seine Mentalität war... Ich hatte einfach kein gutes Gefühl damit. Solche Dinge passieren ja nicht von heute auf morgen, da ist was Persönliches über Monate gewachsen. Dann habe ich es getan, danach war die Sache erledigt.“
- Zum Leben: „Ich werde mein Meer nie mehr verlassen. Nie mehr. Es nicht sehen zu können, ist, wie einen Arm zu vermissen. Den Rest meines Lebens werde ich morgens aufwachen und das Meer sehen, die Wellen rauschen hören, seinen Geruch riechen. Erfolg zu haben, ist wichtig. Aber man darf nie vergessen: Noch wichtiger ist, das Leben zu genießen.“
Lizas Welt wird in loser Folge auf die Highlights der sportlichen Laufbahn Bixente Lizarazus zurückblicken.