Steilvorlagen und Schenkelklopfer

Hosni Mubarak beispielsweise ist eine echte Fundgrube. Kein besonders guter Rhetoriker, aber ein, sagen wir, durchaus begabter Büttenredner. „Sollten wir Muslime nicht einen Teil der Verantwortlichkeit für die falschen Ideen über den Islam auf uns nehmen? Haben wir unsere Pflicht erfüllt, das Bild des Islam und der Muslime zu korrigieren? Was haben wir unternommen, um einem Terrorismus zu begegnen, der unter dem Deckmantel des Islam auftritt und das Leben von Menschen bedroht?“, fragte der ägyptische Präsident während des Ramadan in eine Runde von ägyptischen Beamten und islamischen Klerikern – und ließ sogleich die Pointe folgen: „Wir nehmen es nicht hin, dass unsere Heiligtümer im Namen des Meinungs- oder Pressefreiheit beleidigt werden, denn wenn unser Glauben nicht respektiert wird, entfacht das wütende Emotionen und Extremismus, und es führt uns zu ernsten Schritten.“ Mit denen die falschen Ideen über den friedlichen Islam dann umgehend korrigiert werden. Der Deckmantel kommt derweil in die Altkleidersammlung. Da guckt aber kein Kabarettist jemals hinein.
Der britische Daily Star hätte die Geschichte vermutlich gerne gedruckt, aber den hielt die National Union of Journalists (NUJ) schon davon ab, eine Satire namens „Daily Fatwa“ zu veröffentlichen, die neben einem „Seite 3 Burka Babes Special“ auch einen „Verbrenn’ eine Fahne und gewinn’ einen Corsa“-Wettbewerb sowie eine „Allah ist groß“-Kolumne umfassen sollte. Das Ganze „könnte als rassistisches Vorurteil und Provokation angesehen werden“, fand die NUJ; das Material „hätte die muslimische Gemeinschaft schwer verletzt“. Muslimische Kommentatoren begrüßten den Schritt der Vereinigung, das Vorhaben des Boulevardblatts zu unterbinden: Die Publikation hätte ähnliche Reaktionen wie die dänischen Cartoons auslösen können. Genau das wäre aber wirklich eine perfekte Steilvorlage gewesen – Ken Livingstone oder George Galloway geben als Muslimbrüder im Geiste eigentlich immer prächtige Witzfiguren ab. Schade um die verpasste Chance.
Doch auch in britischen Kreisen, in denen wohl eher die Times oder der Guardian gelesen wird als die Yellow Press, liefert man gerne das Material für Grotesken: Ein von der Regierung unterstütztes akademisches Forschungsprojekt, das die Hintergründe für den in den letzten zwanzig Jahren gewachsenen Einfluss islamistischer Gruppierungen in sechs ausgewählten Regionen und weiteren sechs Ländern eruieren sollte, wurde gestoppt: Forschungseinrichtungen fürchteten, ihre Wissenschaftler würden mit dem Vorhaben in akute Gefahr gebracht; darüber hinaus habe man den Eindruck, hier sollten Akademiker wie im Kalten Krieg als Spione dienen und „in eine Art islamischen McCarthyismus“ hineingezogen werden, „der schwer wiegende Implikationen für die akademische Freiheit“ habe. Was die in islamischen Staaten arbeitenden britischen Forscher nun mit letzterer anfangen, nachdem sie sie erfolgreich gegen die Counterinsurgency verteidigt haben, ist nicht bekannt.

Und schließlich wäre da noch Human Rights Watch, eine dieser so genannten Menschenrechtsorganisationen, die schon wussten, mit welch brutalen Waffen Israel im Libanon vorging, als noch nicht einmal die Tinte auf dem Papier der UN-Resolution 1701 getrocknet war: mit Streubomben nämlich, gegen die die Raketen der Hizbollah offenbar ein harmloses Kinderspielzeug waren. Jetzt, drei Monate später, ist die Organisation ernsthaft von der Erkenntnis „beunruhigt“, dass auch Nasrallahs Truppen diese Geschosse einsetzten. Zuvor hat sie die Hizbollah wahrscheinlich für ihre libanesische Dépendance gehalten.
Doch weit uns breit ist niemand in Sicht, der uns stilsicher mit diesen Perlen der Realsatire beglücken könnte. Also weiter mit Hartz und Ulla Schmidt, weiter mit Bush und Merkel, weiter mit Fleischskandalen und einem früheren Modern Talking-Barden samt seinen Gespielinnen. Weiter also mit den Anschlägen auf den guten Geschmack. Dass das Anschläge ganz anderen Kalibers dauerhaft verhindert, darf allerdings bezweifelt werden. Gut, dass wenigstens den Dänen die Ideen nicht ausgehen (Foto oben).
Übersetzungen: Lizas Welt – Hattip: barbarashm