Allerwerteste

Seit sie weg sind, haben die Bayern schwer an Negativimage eingebüßt. Hitzfelds Nachfolger und Vorgänger: ein Teetrinker, Disziplin- und Medizinballfan, der mit seinem roten Schal immer ein bisschen aussah wie ein Theaterkritiker und die Spiele seiner Mannschaft auch so kommentierte. Jedenfalls definitiv keiner, den man hassen oder auch nur fürchten muss. Die Mannschaft: bis auf den allerdings merklich altersmilde gewordenen Oliver Kahn alles sympathische Kerle mit Popstarniveau: Philipp Lahm, der immer noch aussieht, als sei er gerade von der B-Jugend zu den Profis abkommandiert worden, die Boygroup Schweini & Poldi, der stille, aber höchst attraktive Roque Santa Cruz, der wild-erotische Kanado-Brite und neue englische Fußballer des Jahres Owen Hargreaves, der romantisch-unstete Claudio Pizarro und der allzeit staubtrockene Musterschwiegersohn Roy Makaay. Mark van Bommel müht sich zwar wie zuvor schon Michael Ballack nach Kräften, die Pottsau zu geben, aber irgendwie verkörpern sie beide nicht das unterirdische Niveau des Dieter Bohlen des deutschen Fußballs, Stefan Effenberg. Und deshalb läuft auch Bayern-Manager Uli Hoeneß mit seinen Offensivattacken immer öfter ins Leere, weil die Elf einfach nicht das umsetzt, was er vollmundig ankündigt.
Ob Ottmar Hitzfeld das ändern kann, ist doch eher fraglich; nicht nur wegen des desaströsen Nullzudrei am gestrigen Freitagabend in Nürnberg, sondern vor allem deshalb, weil es gerade einmal zweieinhalb Jahre her ist, dass er sich vergleichsweise kraftlos von dem Verein verabschieden musste, mit dem er wirklich alles gewonnen hatte. Vielleicht waren für die Führungsriege der Münchner aber die bisherigen Comebacks ihrer Trainer Ausschlag gebend, die allesamt recht erfolgreich verliefen: Udo Lattek, Giovanni Trapattoni und Franz Beckenbauer führten den FC Bayern in ihrer zweiten Amtszeit jeweils zu Titeln. Ausgerechnet bei Hitzfeld, dem erfolgreichsten deutschen Übungsleiter überhaupt, darf eine Fortsetzung dieser Serie jedoch bezweifelt werden. Im Sommer wird sich der Klub außerdem voraussichtlich um einen neuen Coach kümmern müssen – und wenn schon der Spielermarkt nicht so viele Allerwerteste hergibt, steht doch zumindest bei den Vorturnern eine Auswahl an ausgemachten Unsympathen bereit. Da sollte der FC Bayern dringend zugreifen, bevor er in der Biederkeit versinkt. Hier ist der Kandidaten-Check.

Franz Beckenbauer: Ebenfalls nicht zu gebrauchen, obwohl in der Umgebung der Allianz-Arena reichlich Landeplatz für einen Hubschrauber wäre. Ist außerdem schon Präsident und noch älter als Ottmar Hitzfeld; arbeitet aber vor allem daran, sich seinen Lebenstraum zu erfüllen und die WM 2038 nach Deutschland zu holen, damit der 32-Jahres-Rhythmus gewahrt bleibt. Es wäre die Krönung der Karriere des dann 93-jährigen, der zudem auf den Hubschrauber verzichten könnte, weil bis dahin das Beamen erfunden worden ist.
Paul Breitner: Auf der Homepage des Klubs als „Exzentriker, Revoluzzer, Querkopf, unbequemer Rebell“ vorgestellt. Würde deshalb alles anders machen, nämlich den Vereinsarzt zum Präsidenten, Uli Hoeneß zum Konditionstrainer und Roy Makaay zum Libero. Vergessen wir’s einfach wieder.
Stefan Effenberg: Ist einfach kein Trainer. Punkt.

Wahrscheinlich wird aber eher José Mourinho vom FC Chelsea neuer Chefcoach. Oder Arsène Wenger von Arsenal London, um dessen Gunst die Bayern seit mindestens zehn Jahren werben. Wenger wurde vor etwas mehr als sechs Jahren mal wegen „Drohungen und physischen Einschüchterungsversuchen“ gegenüber einem Mitglied des Schiedsrichtergespanns bestraft, später aber freigesprochen, und legte sich sogar regelmäßig mit Manchesters ewigem Trainer Sir Alex Ferguson an. Das müsste Mark van Bommel also gefallen. Und auch Oliver Kahn, sofern der Franzose nicht Jens Lehmann als neuen Torwart mitbringt. Aber das ist eher unwahrscheinlich.