Die Brandstifter von der Feuerwehr
Es ist, als würde man einen Brandstifter zum Leiter der Feuerwehr machen: Gleich zwei honorige Zusammenkünfte verantworten die Vereinten Nationen dieser Tage, eine zur Vorbereitung der 2009 erneut stattfindenden Antirassismuskonferenz und eine „zur Unterstützung eines israelisch-palästinensischen Friedens“. Das erstgenannte Treffen steht dabei unter der Leitung Libyens und sieht auch für den Iran eine Führungsrolle vor; es findet seit gestern in Genf statt und dauert noch bis zum Freitag. Die letztgenannte Versammlung wird vom UN-Komitee für die Ausübung der unveräußerlichen Rechte des palästinensischen Volkes organisiert, dem unter anderem Staaten wie Afghanistan, Indonesien, Malaysia und Nigeria angehören. Sie geht am Donnerstag und Freitag in Brüssel über die Bühne; ihr Gastgeber ist das Europäische Parlament mit seinem deutschen Präsidenten Hans-Gert Pöttering an der Spitze. Was sich die beiden Konferenzen unter Antirassismus respektive Frieden im Nahen Osten vorstellen, ist unschwer zu erraten: neuerliche antisemitische Tiraden bis hin zu Vernichtungsdrohungen gegen Israel.
Das Meeting in Genf ist dabei von der Uno offiziell beauftragt worden, die Antirassismuskonferenz von Durban aufzuarbeiten und die nun folgende zu planen, die in zwei Jahren stattfindet. Im südafrikanischen Durban sollte Israel wenige Tage vor 9/11 – so wollten es jedenfalls die beteiligten islamischen Länder – als „rassistischer Apartheidstaat“ verurteilt werden, bevor Israel und die USA die Versammlung verließen und diese ihr Vorhaben schließlich fallen ließ. Das parallel tagende NGO-Forum jedoch verabschiedete eine Deklaration, in der Israel des „Völkermords an den Palästinensern“ beschuldigt und Sanktionen „gegen den israelischen Apartheidstaat“ gefordert wurden. Nun steht eine Neuauflage dieser Tragikomödie an, bei der ausgerechnet die Mullahs – die sich bekanntlich die Auslöschung Israels auf die Fahnen geschrieben haben – von den Vereinten Nationen mit einer Regiefunktion betraut wurden. Ein „Durban II“ befürchtet daher die Nichtregierungsorganisation Eye on the UN: „Mit der Wahl des Irans in die Vorbereitungskonferenz werden Rassisten zu UN-Sprechern gegen Rassismus.“ Ihre Sprecherin Anne Bayefsky ergänzte: „Den führenden Exponenten des Antisemitismus – gleich, ob dieser sich nun gegen einzelne Juden oder gegen den jüdischen Staat richtet – wird von den Vereinten Nationen erneut eine globale Plattform gewährt.“ Und das gilt auch für Libyen, das seinen Gaddhafi-Preis schon mal einem ausgewiesenen Holocaustleugner wie Roger Garaudy verleiht.
Von ähnlichem Kaliber wie die Zusammenkunft in Genf ist die Internationale Konferenz der Zivilgesellschaft zur Unterstützung eines israelisch-palästinensischen Friedens in Brüssel. Für sie zeichnet das 22 Mitglieder umfassende UN-Komitee für die Ausübung der unveräußerlichen Rechte des palästinensischen Volkes verantwortlich, das 1975 ins Leben gerufen wurde – nicht zufällig parallel zur Verabschiedung der UN-Resolution 3379, in der Zionismus als eine Form des Rassismus gegeißelt wurde – und seitdem unter anderem alljährlich einen Tag der Solidarität mit dem palästinensischen Volk koordiniert. Ihm geht die ebenfalls zur Uno gehörende Abteilung für die palästinensischen Rechte zur Hand, die insbesondere für die administrative und organisatorische Unterstützung des Komitees zuständig ist. Die Teilnehmer der Konferenz repräsentieren vor allem stramm antiisraelische NGOs, die bereits 2001 in Durban maßgeblich zu den antisemitischen Erklärungen gegen den jüdischen Staat beitrugen – womit eindrucksvoll deutlich wird, was im Veranstaltungstitel mit „Zivilgesellschaft“ gemeint ist und worin die „unveräußerlichen Rechte des palästinensischen Volkes“ bestehen sollen, für die die Organisatoren im Namen der Vereinten Nationen eintreten.
Als Festredner werden in der belgischen Hauptstadt neben einem „Repräsentanten Palästinas“ und je einem Gesandten des UN-Generalsekretariats sowie der Europaparlaments nicht zuletzt Vorzeigeantizionisten wie Michael Warschawski, Amira Hass und Jamal Jumaa von der Kampagne gegen die Apartheidmauer erwartet. Auf dem Programm stehen zudem diverse Workshops, unter anderem zum „Vierzigsten Jahrestag der Besatzung“, zur „Stärkung von Kampagnen gegen die Besatzung“ und – das darf nicht fehlen – zum „Europäischen Jahr des interkulturellen Dialogs 2008“. Darüber hinaus will man die Kooperationsmöglichkeiten mit der Europäischen Union ausloten. Und bei der rennt man offene Türen ein, schließlich sorgt sie sich schon lange um ihre palästinensischen Hätschelkinder. Dass die EU durch ihre Einladung nach Brüssel nun auch dieses Treffen bekennender Feinde Israels sponsert, ist deshalb so folgerichtig wie kritikabel: „Überraschend ist nicht die Beteiligung der Uno an der Dämonisierung Israels durch NGOs, sondern dass das EU-Parlament diesen Randgruppen Unterstützung und eine Plattform gewährt“, sagte Gerald Steinberg, geschäftsführender Direktor der Organisation NGO Monitor mit Sitz in Jerusalem. „Aber das ist nur eine weitere Absurdität in der angeblichen Friedenspolitik der EU, die solche radikalen NGOs fördert und ihnen im EU-Parlament Legitimität verleiht.“
Gut möglich übrigens, dass auch der derzeitige Präsident des Europaparlaments der Tagung einen Besuch abstattet. Der heißt Hans-Gert Pöttering, ist Deutscher und hat kürzlich mit einem peinlichen Auftritt vor der Knesset anschaulich demonstriert, was auch Helmut Kohl ritt, als er 1984 am gleichen Ort die „Gnade der späten Geburt“ einklagte. Im Grunde genommen bräuchte Pöttering vor der Konferenz nur seine Jerusalemer Rede zu wiederholen, um abwechselnd Beifallsstürme zu ernten und seine Zuhörer zu Tränen zu rühren: „Die Augen eines palästinensischen Babys – und ich sage das als Vater – strahlen ebenso wie die eines israelischen Babys. Das Lachen von palästinensischen Schülerinnen ist ebenso herzerfrischend wie das Lachen israelischer Mädchen. Palästinensische Jungen lernen ebenso fleißig wie israelische Jungen. Palästinensische Mütter und Ehefrauen weinen ebenso wie israelische, wenn ihre Männer keine Arbeit haben, im Gefängnis sitzen oder tot sind.“
Natürlich weisen die Verantwortlichen beider Versammlungen den Vorwurf weit von sich, antiisraelische Veranstaltungen zu sein. Man ist schließlich kein Antisemit, sondern bloß „Antizionist“ oder „Israelkritiker“. Und damit dem Brandstifter ähnlich, der bei der Feuerwehr anheuert.
Übersetzungen: Lizas Welt