19.2.08

Football’s coming out?

„Fußball ist eines der letzten heterosexuellen Milieus“, stellte die Frankfurter Allgemeine Zeitung in ihrer Ausgabe vom vergangenen Sonntag fest. „Niemand, der sagt: Ich bin schwul, und das ist auch gut so“, wie es Klaus Wowereit, der Regierende Bürgermeister Berlins, im Juni 2001 auf einem Parteitag der Berliner SPD tat. „Auch Moderatorinnen, Schauspieler oder Modeschöpfer haben sich in den letzten Jahren zu ihrer Homosexualität bekannt. Ganz offensichtlich aber ist der Fußball in dieser Beziehung kein Spiegel der gesellschaftlichen Entwicklung.“ Sondern „viel archaischer“ als etwa die Politik, wie Nationalspieler Philipp Lahm vom FC Bayern München kürzlich in einem Interview mit dem schwulen Lifestyle-Magazin Front befand. Immer noch wird in den Bundesligastadien „schwul“ oder „Schwuler“ in der Absicht gegrölt, gegnerische Spieler und Fans herabzuwürdigen, und immer noch gilt es – nicht nur hierzulande – als nahezu undenkbar, dass ein Fußballprofi offen schwul lebt, ja, dass es überhaupt schwule Berufskicker gibt. Inzwischen lassen zwar einige Spieler zaghafte Ansätze eines Problembewusstseins erkennen und hat die Zahl der Veröffentlichungen, die sich mit dieser Thematik beschäftigen, deutlich zugenommen. Doch während die – möglichen und tatsächlichen – Folgen eines öffentlichen coming out bezahlter Balltreter mittlerweile auch in auflagenstarken Medien erörtert werden, machen die meisten um die Frage, warum sich die Homophobie gerade im (Männer-) Fußball weiterhin nahezu ungehemmt austoben kann, zumeist einen großen Bogen.

Ängste und Doppelidentitäten

Nach Jahrzehnten, in denen die Schwulenfeindlichkeit so selbstverständlich zum Fußball gehörte wie Tore und Freistöße, ist es gleichwohl schon ein spürbarer Fortschritt, dass sie überhaupt in kritischer Absicht thematisiert wird. Das – inzwischen eingestellte – Fußball-Monatsmagazin Rund widmete ihr im Dezember 2006 sogar einen Heftschwerpunkt. Die Redakteure Oliver Lück und Rainer Schäfer präsentierten darin das Ergebnis ihrer zweijährigen Recherche, während der sie sich unter anderem mit zwei schwulen Bundesligaspielern unterhalten hatten. Diese erzählten von ihrer Angst vor den Konsequenzen, mit denen sie rechnen, wenn sie sich dazu bekennen, Männer zu lieben und nicht Frauen: Sie fürchten, durch die Presse gezogen, von den Mannschaftskollegen ausgegrenzt und von den Fans – den eigenen wie den gegnerischen – beschimpft, verhöhnt und ausgelacht zu werden. „Die eigentliche Sexualität wird deshalb anonym in der Schwulenszene ausgelebt“, schrieben Lück und Schäfer, und ansonsten werden, „um der Norm und dem Idealbild des heterosexuellen Sportlers zu genügen, von Spitzensportlern und deren Clans mühsam und aufwändig konstruierte Doppelidentitäten mit Frauen und Kindern geschaffen“.

Dementsprechend sieht das Innenleben eines schwulen Profikickers auch aus, wie Rainer Schäfer in einem Interview mit dem Stern verdeutlichte: „Einerseits wird er angehimmelt von seinen Fans, die davon ausgehen, dass er heterosexuell und ‚normal’ ist, auf der anderen Seite muss er einen zentralen Teil seiner Persönlichkeit verbergen, nämlich seine Homosexualität.“ Dadurch sei er gezwungen, Verdrängungsmechanismen aufzubauen und seine Sexualität im Verborgenen auszuleben. Das führe zu großen psychischen und sozialen Problemen: „Die Spieler sollen funktionieren, und das ist schwierig, wenn man immer von Ängsten und Zweifeln geplagt ist, wenn man seine Familie belügen muss. Dieses Konstrukt aus Lügen und Notlügen macht es nicht gerade leichter, sich auf den Profifußball zu konzentrieren und seine Leistung zu erbringen.“ Und daran werde sich so lange nichts ändern, wie Homosexualität im Fußball ein Tabu bleibe und die Klubs und Verbände bei der Thematik mauerten. „Oben steht Rassismus, da wird inzwischen was getan, dann kommen die Frauen und die Behinderten, da wird sich auch eingesetzt“, resümierte Schäfer. „Für die Schwulen wird gar nichts getan. Auch für die Spieler ist das kein Thema, damit will man nicht in Berührung kommen, die Ablehnung ist riesengroß.“

„Mit dem Arsch zur Wand“

In der Tat sind die Beispiele homophober Äußerungen von Bundesligaspielern zahlreich. Paul Steiner etwa, zu seinen aktiven Zeiten Verteidiger des 1. FC Köln, sagte einmal: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Schwule Fußball spielen können.“ Zumindest seien sie nicht „hart genug, um im Profigeschäft zu bestehen“. Dieser Ansicht war auch Rekordnationalspieler Lothar Matthäus. Torhüter Frank Rost hielt es zu seinen Schalker Zeiten ebenfalls für ausgeschlossen, dass es in der Bundesliga schwule Kicker gibt; falls aber doch, sei er auf der Hut: „Ich dusche immer mit dem Arsch zur Wand.“ Und der frühere Düsseldorfer Spieler Michael Schütz glaubte: „Man würde gegen so einen nicht richtig rangehen, weil eine gewisse Furcht vor Aids da wäre.“ Von den Zuschauerrängen tönt es sogar noch wüster als aus der Kabine, wie Gerd Dembowski vom Bündnis Aktiver Fußball-Fans (BAFF) in einem Beitrag für das Buch Tatort Stadion schilderte: „Wurde in den achtziger Jahren zum Beispiel ‚Ewald, der Schnelle, der Homosexuelle’ gegen den späteren Trainer Ewald Lienen intoniert, folgte in den Neunzigern ‚Toni Polster, jeder kennt ihn, den Stricher aus Wien’ oder beispielsweise ‚Uwe Kamps ist homosexuell’ nach der Melodie des Beatles-Hits ‚Yellow Submarine’. Der Schiedsrichter ist schon mal eine ‚Schwuchtel’, ‚weil der schwul pfeift’ – was auch immer das bedeuten mag. ‚Schwuler, schwuler BVB’ oder ‚Arbeitslos und homosexuell, das ist der VfL’ – es kann alle und jeden treffen, sogar ganze Vereine.“ Dembowskis BAFF-Kollege Martin Endemann ergänzte: „Sehr viele Choreografien beschäftigen sich damit, dass der Gegner schwul ist. Ganze Kurven verbreiten homophobe Inhalte. Nähme der DFB Homophobie in seinen Strafenkatalog auf, müsste er fast jedes Bundesligastadion dichtmachen und jedes zweite Spiel abbrechen.“

Was geschehen kann, wenn sich im bezahlten Fußball Aktive zu ihrem Schwulsein bekennen, mögen zwei Beispiele illustrieren. Das eine davon betrifft den – inzwischen verstorbenen – niederländischen Schiedsrichter John Blankenstein, der keinen Hehl daraus machte, homosexuell zu sein. „Diese Ehrlichkeit wurde in Holland sehr positiv aufgenommen“, sagte er dem Magazin Rund, „ich wurde nie angefeindet“. Anders war es jedoch, als er 1994 das Finale der Champions League zwischen dem AC Mailand und dem FC Barcelona leiten sollte, bevor ihm das Spiel vom europäischen Fußballverband UEFA wieder entzogen wurde: „Den Italienern war ich als Holländer nicht unparteiisch genug, da bei Barcelona mehrere Holländer im Team spielten. Und diese rosa Sportzeitung ‚La Gazzetta dello Sport’ schrieb außerdem, dass ich ja schwul sei, was erst recht gegen mich sprechen würde.“ Ähnliches habe er auch in England vor einem Länderspiel erlebt: „Der ‚Daily Mirror’ schrieb mit großen Buchstaben: ‚Tonight’s referee is gay’.“ Dennoch habe es ein schwuler Unparteiischer im bezahlten Fußball einfacher als ein schwuler Spieler: „Schiedsrichter sind individueller, wir haben keine Fans, es sind sowieso alle gegen uns. Da macht es keinen Unterschied, dass ich auch noch schwul bin.“

Das zweite Beispiel bestätigt Blankensteins These: Justin Fashanu war 1990 der erste Profi überhaupt, der öffentlich kund tat, schwul zu sein. In der Folge wollte ihn kein Verein mehr haben, wie Martin Krauß im Freitag schrieb: „Die Fußballwelt mag so etwas nicht, und Fashanu flüchtete nach Kanada, wo es zwar kaum Geld zu verdienen gibt, man ihn aber in Ruhe ließ. Als er wieder nach Großbritannien zurückkam, musste er zunächst bei einem Provinzverein anheuern, dann bei einem besseren Club, der ihn aber entließ wegen ‚Verhaltens, das eines Fußballers nicht würdig ist’. Fashanu erhängte sich am 2. Mai 1998 in einer Garage in London. Er musste, daran lassen seine Freunde keinen Zweifel, sein Outing in einer homophoben Gesellschaft mit dem Tod bezahlen.“ Mit einem Suizid rechnet die Kulturwissenschaftlerin Tatjana Eggeling zwar nicht, wenn sich erstmals auch ein Bundesligaspieler zu seinem Schwulsein bekennen würde. Doch einschneidende Konsequenzen für den Betreffenden unterhalb dieser Schwelle sagt auch sie voraus: „Sicher würde dieser Spieler durch die Medienlandschaft gereicht. Und wenn er noch aktiv sein sollte, wäre seine Karriere wahrscheinlich beendet. Vielleicht würde er sogar aufgefordert, die Mannschaft zu verlassen, weil viele Vereine noch immer der Meinung sind, ein homosexueller Fußballspieler würde das ganze Team diskreditieren.“

Kleine Fortschritte

Inzwischen sind zumindest kleine Fortschritte zu verzeichnen, allen voran im englischen Profifußball. Dort hat sich der nationale Verband, die Football Association, bereits vor sieben Jahren in seiner Satzung verpflichtet, gegen Diskriminierungen vorzugehen, die die sexuelle Orientierung betreffen. Anfeindungen gegen Homosexuelle können seitdem mit Stadienverboten geahndet werden. Im August 2006 wurden zwei Fans von Norwich City wegen schwulenfeindlicher Äußerungen sogar von einem Gericht zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Und auch Spieler beziehen Position: Starkicker David Beckham etwa äußerte öffentlich, er sei stolz darauf, Schwulen als Pin-up-Boy zu dienen. Ähnliches wird aus Italien vermeldet, wie Rainer Schäfer im Gespräch mit dem Stern berichtete: „Der Nationalspieler Alberto Gilardino wurde dort von der Nationalen Schwulenvereinigung zur Ikone gekürt. Er hat diese Ehrung genutzt, um darauf hinzuweisen, dass er sich wünscht, dass jeder leben kann, wie er möchte, und nicht wegen seiner sexuellen Orientierung diskriminiert werden soll.“ Und auch in Deutschland nehmen vereinzelt und vorsichtig Spieler Stellung gegen die Schwulenfeindlichkeit in ihrem Sport. Philipp Lahm beispielsweise versicherte: „Wenn ein Spieler schwul ist, ist er trotzdem mein Mannschaftskollege, und für mich würde sich im Umgang mit ihm nichts ändern. Ich registriere das nicht, für mich geht es darum, welche Ansichten jemand hat und ob er sich vernünftig verhält. Ich lebe gerne in einer liberalen, offenen Gesellschaft, in der ein tolerantes Miteinander ohne diskriminierende Vorurteile möglich ist.“

Solche Selbstverständlichkeiten sind allerdings immer noch die Ausnahme, zumal auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und die Klubs bislang wenig Bereitschaft zeigten, gegen Homophobie aktiv zu werden. Und wenn, dann erschöpfen sich die Statements zumeist in allgemeinen Versprechungen, gegen Diskriminierungen jedweder Art vorzugehen. Bei den Fußballfans tut sich da schon mehr. So hat beispielsweise im Jahr 2005 das Netzwerk Football Against Racism in Europe (FARE) in Zusammenarbeit mit der European Gay and Lesbian Sports Federation (EGLSF) einen „Fünf-Punkte-Plan gegen Sexismus und Homophobie“ verabschiedet und das zu FARE gehörende deutsche Bündnis Aktiver Fußball-Fans (BAFF) die Initiative „Zeig dem Fußball die rosa Karte!“ ins Leben gerufen. Zudem haben inzwischen zehn Bundes- und Zweitligisten schwul-lesbische Fanklubs: Den Anfang machten am 7. August 2001 die Berliner Hertha-Junxx; der jüngste von ihnen heißt Andersrum rut-wiess und ist seit dem 15. November 2007 offiziell im Fanklub-Register des 1. FC Köln eingetragen. Aber längst nicht alle rannten bei ihrem Lieblingsverein offene Türen ein. Die Rainbow Borussen aus Dortmund etwa wurden zunächst nicht als offizieller Fanklub anerkannt, dann wurde verschwiegen, dass es sich um einen Verein von Schwulen und Lesben handelt, und später verweigerte ihnen der BVB die Merchandising-Rechte.

Die Frage nach dem Warum

Dessen ungeachtet hat in den letzten Jahren die Sensibilität für das Thema Schwulenfeindlichkeit in den Profiligen zugenommen; auch auflagenstarke Medien beschäftigen sich von Zeit zu Zeit mit der Problematik. Allerdings wird dabei häufig die Frage umschifft, warum gerade der Männerfußball noch immer ein solcher Hort der Homophobie ist und weshalb er der gesellschaftlichen Entwicklung dermaßen hinterherhinkt. Auch der Rund-Redakteur Rainer Schäfer entgegnete dem Stern auf die diesbezügliche Frage nur knapp: „Vielleicht liegt es daran, dass der Fußball sich sehr männlich gibt und darin sehr viele Macho-Attitüden zu finden sind. Daraus wird immer die These gesponnen, dass Homosexuelle sich im harten Männersport nicht zurechtfinden, weil sie ohnehin zu weich wären, diesen Sport zu betreiben.“ Zumindest wird Homosexualität offenkundig „sportartenspezifisch unterschiedlich bewertet“, wie Tanja Walther in einer Studie für die EGLSF befand: „Eiskunstläufer dürfen eher schwul sein als Fußballer; Fußballerinnen gelten immer als lesbisch, nicht aber Leichtathletinnen.“ Doch wieso ist Fußball „eine Domäne heterosexueller, monokultureller Männlichkeit“ und „eng verbunden mit dem Bild vom starken Mann“, obwohl er doch, wie der Historiker Ulf Heidel bemerkte, „Männern ein Repertoire körperlich intimer Gesten erlaubt, die an anderen Orten als liebevoll, erotisch oder sexuell erlebt würden“?

Heidel selbst löste dieses vermeintliche Paradox auf, indem er auf die traditionell männerbündischen Strukturen in der populärsten Sportart der Welt verwies – die dort so fest verankert seien wie sonst nur in der Armee – und in diesem Zusammenhang den Begriff der Desexuierung einführte, das heißt die „Dethematisierung von sexuellem Begehren und sexueller Identität“. Diese umfasse die Vereinnahmung und Zurichtung des Körpers zum Zwecke des erstrebten Erfolgs der Mannschaft, weshalb auch der Sex „dem übergeordneten Interesse des Männerbundes“ unterstehe. Damit einher gehe der Ausschluss von Frauen respektive deren Degradierung zu Sexual- und Reproduktionsobjekten oder zur „Bedrohung der mühsam erlangten Perfektion von Körper oder Konzentration“. Zudem beruhe die Desexuierung „auf der Regulierung dessen, was zwischen den Spielern als statthaft und dem Mannschaftsgefüge zuträglich gilt und was nicht“. Genau darin bestehe letztlich der „‚Trick’ des Männerbundes, im geeigneten Moment Praktiken körperlicher Nähe nicht nur zu erlauben, sondern zur Intensivierung des Zusammenhalts zu befördern“. Dass das Ausziehen des Trikots nach einem Torerfolg, das „Tätscheln und Wuscheln, Umarmen und Bespringen, Herzen und Küssen von Spielern wie Zuschauern“ nicht als sexuell wahrgenommen werde, sei dabei „ein Effekt kultureller Gewöhnung“. Dies veranschauliche die Skepsis, „die den im nördlicheren Europa erst nach dem Zweiten Weltkrieg aufgekommenen Ausdrücken gemeinsamen Jubelns entgegengebracht wurden“. Denn noch 1981 „befürchtete die FIFA offensichtlich eine Art Schwulisierung, als sie das Küssen als ‚unmännlich, übertrieben gefühlsbetont und deshalb unangebracht’ brandmarkte“.

Doch selbst wenn Küsse eher selten zum Jubelrepertoire von Spielern zählen, gehören „offen zur Schau gestellte Emotionen im Fernsehen genauso zu einer erfolgreichen Torszene wie deren Vorbereitung“, resümierte Heidel: „Die Jungs können sich eben gerade so lange ‚unschuldig’ zusammen über den Rasen wälzen, solange der ‚Heterosexualitätsverdacht’ unangefochten bleibt. All dies würde ein schwuler Spieler in Frage stellen, denn unvermeidlich wäre mit ihm der Verdacht im Spiel, dass nicht Freude, sondern Begehren ihn den körperlichen Kontakt suchen lässt. Gerade dass der Männerbund weitestgehend von jeglicher Sexualität gesäubert ist, lässt schon den Gedanken an einen schwulen Spieler zur verräterischen Angstfantasie werden.“ Das gilt analog auch für den Jubel auf den Tribünen oder in den Kneipen und Wohnzimmern, bei dem sich plötzlich Männer in die Arme fallen, die derlei abseits des Fußballs eher selten praktizieren und entsprechende Versuche brüsk mit der Bemerkung zurückweisen, schließlich „nicht schwul“ zu sein. Dass dabei außerdem das Verdrängen eigener sexueller Wünsche – das umso größer ist, je lauter und primitiver die homophoben Invektiven vorgetragen werden – und die Selbstversagung eine maßgebliche Rolle spielen, liegt auf der Hand. Der Fußball bietet insoweit eine gesellschaftlich sanktionierte Möglichkeit, diesen unterdrückten Bedürfnissen nachzugeben – und zwar kollektiv –, ohne dabei so etwas wie den Verdacht zu erregen, der heterosexuellen Norm nicht zu entsprechen.

Was tun?

Die Frage, ob und wann sich der (Männer-) Fußball der gesellschaftlichen Entwicklung anpasst, bleibt derzeit noch unbeantwortet. Offen schwul lebende Fußballprofis, die von Mitspielern wie Fans nicht behandelt werden wie Aussätzige, scheinen momentan noch nicht denkbar; gleichwohl muss der Männerbund als klassisches Erfolgsrezept und Sublimationsstrategie im Fußball nichts sein, was zwangsläufig und dauerhaft überlebt. Vor nicht allzu langer Zeit waren auch Frauen und Mädchen in den Stadien noch eine Ausnahme, die von der männlichen Mehrheit bestenfalls geduldet wurde, und kaum jemand konnte sich vorstellen, dass sich daran jemals etwas ändern würde. Aufklärungskampagnen und Maßnahmenkataloge können zweifellos hilfreich sein, um der Homophobie den Garaus zu machen; zudem wäre es wünschenswert, wenn von Funktionären, Trainern und prominenten Spielern entsprechende Initiativen ausgingen. Und dabei kommt es entgegen einer verbreiteten Annahme gerade nicht darauf an, dass sich die ersten schwulen Fußballer öffentlich selbst outen. Vielmehr gilt, was Rainer Schäfer konstatierte: „Wenn ein bekennend heterosexueller Spieler sagen würde, ‚Leute, wo ist eigentlich das Problem?’, dann wäre das längst kein so ein großes Thema mehr.“ Zumindest würde er etwas anstoßen, das mehr als überfällig ist.

Tipps zum Weiterlesen:
· Gerd Dembowski: Von Schwabenschwuchteln und nackten Schalkern. Schwulenfeindlichkeit im Fußballmilieu, in: Gerd Dembowski/Jürgen Scheidle (Hg.): Tatort Stadion. Rassismus, Antisemitismus und Sexismus im Fußball, Köln 2002, S. 140-146.
· Martin Endemann: Kategorie Gay. Homophobie im Profi.Fußball, in: outcome!, April 2006, S. 12-15.
· Rainbow: Geschichte und Gegenwart der Homosexualität im Sport.
· Tanja Walther: Kick it out. Homophobie im Fußball. Herausgegeben von der European Gay and Lesbian Sport Federation (EGLSF), Berlin 2006.