13.10.08

Mit Hätz un Siel jejen Israel



Der Kölner an sich ist bekanntlich das toleranteste Exemplar der Gattung Mensch, das auf diesem Planeten frei herumläuft. Mit Hätz, Siel un vill Jeföhl* feiert er bei jeder sich bietenden Gelegenheit – also immer – sich selbst und seine Stadt als den Mittelpunkt des Kosmos, hat allerweil eine superjeile Zick, ist mit Blootwoosch, Kölsch un e lecker Mädsche rundum zufrieden zu stellen und heißt die Besucher von Spielen seines stets abstiegsgefährdeten Fußballvereins ohne jeden Anflug von Ironie in der „schönsten Stadt Deutschlands“ willkommen. Des Kölners Spezialität sind Volksfrontspektakel aller Art, sei es in der von den Eingeborenen so genannten fünften Jahreszeit, sei es bei der kürzlich mit 75 Jahren Verspätung vorgenommenen, dafür aber umso erfolgreicheren Abwehr der nationalsozialistischen Machtübernahme.

Und der Kölner an sich ist stolz auf seine Touristenattraktionen, etwa das Schokoladenmuseum, den großen Zoo und die unzähligen Museen. Ob sich zu den letztgenannten irgendwann auch ein jüdisches gesellt, ist übrigens mehr als fraglich: Zwar kann Colonia die älteste jüdische Gemeinde nördlich der Alpen vorweisen, aber so weit geht der kölsche Stolz dann doch nicht, dass man deshalb ein Haus und Museum der jüdischen Kultur am historischen Ort in der Innenstadt begrüßen würde. Da könnte ja jeder kommen. Mit einer anderen, noch zentraler gelegenen Dauerausstellung hingegen hat man in der Rheinmetropole durchaus kein Problem: Die „Klagemauer“ genannten 20 Quadratmeter gegen Israel, die da gleich neben dem Dom installiert sind, gehören schon zur Stadt wie die Narrenkappe, der Eff-Zeh und der Klüngel. Henryk M. Broder hat sie sich angesehen und fotografisch dokumentiert.


VON HENRYK M. BRODER

Wer mit dem Zug in Köln ankommt, bekommt gleich einen richtigen Eindruck von der Stadt. Der Hauptbahnhof, mehrfach runderneuert, ist vollkommen verwahrlost. Bei dem Versuch, eine Shopping-Mall mit Gleisanschluss herzustellen wie in Leipzig, Hannover und Berlin, ist eine Schnäppchenmeile entstanden, die man mit Schrecken betritt und mit Schüttelfrost verlässt. Wäre da nicht der Dom, man würde sich gleich umdrehen und nach Recklinghausen weiterfahren wollen.

Aber das Beste hat der Besucher noch vor sich: die Kölner „Klagemauer“, eine antisemitisch-antizionistische Installation mitten auf der Domplatte, eine Art „Kunstwerk“, mit der Israel als blutsaugendes und mordendes Monster dämonisiert wird, das nicht nur die Palästinenser misshandelt, sondern auch eine Gefahr für den Weltfrieden darstellt. Waren früher die Juden an allen Übeln der Welt schuld, so sind es heute die Zionisten. Die Nummer ist nicht neu, aber für J. und W., die Paten der Klagemauer, ist es die Mission ihres Lebens. Zwei ehemalige Wasauchimmer, die seit Jahren praktisch auf der Domplatte leben, um auf das Schicksal der Palästinenser aufmerksam zu machen und sich nebenbei ein kleines Zubrot zu verdienen. Die Frage, warum sie so was nicht mit einer „Klagemauer“ über den Völkermord im Kongo oder im Sudan machen, können sie nicht beantworten. Sie sind halt auf Palästina fixiert, denn auch sie gehören zu den ehrenamtlichen deutschen Bewährungshelfern, die aus der Geschichte gelernt und es sich zur Aufgabe gemacht haben, darauf zu achten, dass die Juden nicht rückfällig werden.

Auch auf die Frage, wer diese Dauerdemo lizenziert hat, haben sie keine eindeutige Antwort. „Die Stadt“ sagt der eine, „die Kirche“ der andere. Wie in Köln üblich, gibt es immer mehrere Optionen. Fest steht nur, dass die beiden es seit vielen Jahren machen und sich auf eine Art Gewohnheitsrecht berufen. Der Chef des Erzbistums Köln, Joachim Kardinal Meisner, ein Experte für gottlose und entartete Kunst, nimmt an der kleinen Sauerei vor seiner Haustür keinen Anstoß, der Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma, der vor kurzem mit Autonomen gemeinsame Sache gemacht hat, um eine „Anti-Islamisierungs-Kundgebung“ zu verhindern, schweigt ebenso. Und auch die Kölner jüdische Gemeinde hält sich bedeckt, vermutlich, um ihren hart erkämpften Dhimmi-Status nicht zu riskieren.


Was Beiträge zum Frieden und Mauern betrifft, verfügen die Deutschen über einen reichen Erfahrungsschatz, an dem sie auch die Juden teilhaben lassen, damit diese nicht rückfällig werden.


„Gott schütze mich vor meinen Freunden. Mit meinen Feinden werde ich selber fertig“ (Voltaire) – bzw.: No brain, no pain.


Seinen von ihm bevorzugten Richter hat der friedliebende Scheich Yassin dann aber immerhin im Paradies getroffen. Nebst 72 Jungfrauen.


Oder sich selbst einen Doktortitel bastelt.


Mahmuds fünfte Kolonne: echte Bescheidwisser. Können perfekt Farsi, kennen sich mit „Konferenzen zum Thema Zionismus“ aus und waren in ihrem früheren Leben schwimmende Abschussrampen.


Die Maximalprovokation für die Palästinenser: ein amerikanisches Fast-Food-Restaurant in Ramallah, das einen BigMacZion feilbietet. Dann schon lieber Hungerkatastrophe.


Beim Hungern / und beim Essen: / Vorwärts! / Und nicht vergessen: / die So-li-da-ri-tät!

* Für eine Übersetzung bitte hier klicken.