20.1.09

Die Hätschelkinder der Uno (II)



Der Freiburger Jurist Tilman Tarach analysiert in einem Kapitel seines Buches Der ewige Sündenbock, wie sich die Vereinten Nationen in Bezug auf die Palästinenser als regelrechte Flüchtlingsmaschine betätigen und an deren demografischem Dijhad gegen Israel beteiligen. Lizas Welt veröffentlicht dieses Kapitel in zwei Teilen. Im ersten Teil hat Tarach deutlich gemacht, dass die Uno die Palästinenser alimentiert wie sonst niemanden – während die jüdischen Flüchtlinge aus arabischen Ländern nie ein Thema waren –, dass sie maßgeblich dazu beiträgt, eine riesige, im Elend lebende Manövriermasse gegen den jüdischen Staat heranzuzüchten und dass Israel bei seiner Gründung dennoch rund 160.000 im Land verbliebenen Arabern die Staatsangehörigkeit gab.


Der demografische Djihad und die Flüchtlingsmaschine der Uno (Teil II*)

VON TILMAN TARACH


Nun ist dies freilich alles längst Geschichte, und dass die jüdischen Verbände den Unabhängigkeitskrieg engelsgleich nur mit Lichterketten und Wattebäuschchen gewonnen haben, be­hauptet niemand. Nachdem inzwischen mehrere Generationen von Israelis in ihrem Land geboren sind, verdient es schon von daher seine Existenzberechtigung, ganz unabhängig davon, welche Seite bei seiner Gründung welches Unrecht erlitten oder begangen hat. Tatsächlich verweigerten die Israelis nach dem Waffenstillstand von 1949 den rückkehrwilligen Palästinensern die Repatriierung, und zwar weniger deshalb, weil sie unmittelbare weitere Kampfhandlungen befürchteten, sondern weil sie in der Tat eine zuverlässige jüdische Mehrheit in ihrem Staat für unerlässlich hielten. Das gilt selbstverständlich auch heute, und es ist mitnichten Ausdruck einer „Islamophobie“, einer israelischen „Herrenrassenmentalität“ oder gar eines „Rassis­mus“, sondern Schlussfolgerung einer langen Leidensgeschichte. „Jahrhunderte lang habt ihr uns unterworfen“, haben die Juden alles Recht zu sagen, „Jahrhunderte lang habt ihr uns gedemütigt, gequält, getötet. Jetzt soll es, auf diesem kleinen Flecken Israel, ein Ende damit haben. Lasst uns in Ruhe! Wir haben nichts gegen Muslime und Christen in unserem Land, sofern sie uns nicht angreifen; wir behandeln sie besser, viel besser, als sie uns, wo sie die Mehrheit haben. Aber wir wollen uns auf diesem kleinen Flecken Israel nicht von ihnen beherrschen lassen, Polizei und Armee sollen ihnen nicht gehorchen. Muslime und Christen sollen uns einfach in Ruhe lassen.“

Das tatsächlich bestehende Elend der „palästinensischen Flüchtlinge“ muss also durch Einbürgerung in die arabischen Länder bzw. in den palästinensischen Staat beendet werden, so, wie nach dem Ersten Weltkrieg zwischen Griechenland und der Türkei ein Bevölkerungstausch eher größeren Maßstabs erfolgte und 1951 zwischen Pakistan und Indien sogar die zehnfache Zahl an Menschen ausgetauscht wurde. Und um die Juden aus arabi­schen Ländern, die stillschweigend in Israel integriert wurden (ein kleiner Teil davon siedelte auch in andere Länder), um die über zehn Millionen deutschen Heimatvertriebenen (Sudetendeutsche und andere), die doch recht problemlos in Deutschland eingegliedert wurden, macht man heute auch kein großes Gedöns mehr (übrigens waren nicht alle Nazis, man denke nur an Arno Schmidt). Mit dem ganzen, ziemlich völkisch gefärbten Heimatvertriebenen-Kult der Palästinenser sollte also allmählich Schluss sein.

„Rückkehrrecht“ wichtiger als eigener Staat

Ist es aber nicht: „Das Rückkehrrecht der Flüchtlinge nach Haifa und Jaffa ist wichtiger als ein eigener Staat“ – dies sagte auf der Konferenz der Arabischen Liga im März 2002 Farouk Kaddoumi, einer der wichtigsten PLO-Vertreter. (1) Man lasse sich diese Äußerung auf der Zunge zergehen! Mahmud Abbas, damals noch Nummer zwei innerhalb der PLO, heute deren Vorsitzender, gab am 23./24. November 2000 in der Zeitung Al-Hayat zu, woran die unter Rabin begonnenen Friedensverhandlungen gescheitert waren (2):
„Das Thema der Flüchtlinge war mindestens ebenso wichtig wie die Jerusalem-Frage und mit Blick auf die Ergebnisse vielleicht noch wichtiger und schwieriger. Wir stießen dabei, und werden das wohl auch in Zukunft, auf den entschiedenen Widerstand der israelischen Regierung, denn im Grunde geht es darum, dass [die Rückkehr der Flüchtlinge] eine Veränderung der Demografie bedeutet, die die Israelis hoffen aufrechtzuerhalten. [...] In diesem Zusammenhang ist anzumerken, und das haben wir auch den Israelis gegenüber deutlich gemacht, dass das Rückkehrrecht Rückkehr nach Israel bedeutet und nicht in den palästinensischen Staat.“
Die PLO folgte damit der Linie des Muftis Hajj Amin el-Husseini, denn schon er bekämpfte erbittert die Idee der Einbürgerung der palästinensischen Araber in die Staaten ihrer Mit-Araber als „eine Verschwörung, um das palästinensische Problem zu elimi­nie­ren“. (3) Wie penetrant nun dieses „Problem“ des Muftis am Leben gehalten und wie subtil das Ganze zugleich von unseren Medien verharmlost wurde, veranschaulicht beispielsweise ein Bericht der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) vom März 2007, in dem es hieß (4):
„Der Gipfel der Arabischen Liga hatte am Mittwoch [28. März 2007] einstimmig zur Umsetzung des saudi-arabischen Nahost-Friedensplans aufgerufen, der 2002 in Beirut beschlossen worden war. Die in Riad versammelten arabischen Staatschefs wandten sich in einem direkten Appell an die israelische Regierung und an die israelische Bevölkerung, den arabischen Friedensplan zu akzep­tieren. Der 2002 von Saudi-Arabien vorgelegte Friedensplan sieht vor, dass die arabische Welt ihre Beziehungen zu Israel normalisiert, wenn sich Israel auf seine Grenzen vor dem Sechstagekrieg von 1967 zurückzieht. Außerdem umfasst der Plan die Gründung eines Palästinenserstaates sowie eine Regelung der Frage der palästinensischen Flüchtlinge.“
Dieser „Friedensvorschlag“ wurde weltweit freudig begrüßt, als „guter Baustein“ im Friedensprozess etwa von Angela Merkel; der US-Präsident Barack Hussein Obama soll sich ähnlich geäußert haben. Israel aber habe, so die NZZ, „die Friedensinitiative der Arabischen Liga zurückgewiesen“; „Israel lehnt Friedens­vor­schlag ab“, titelte die Süddeutsche Zeitung. Wieder einmal blieb also hängen, dass das „halsstarrige“ Israel (das „unverträgliche Israel“, wie der vormalige SS-Generalmajor Erwin Ettel noch in der Zeit schreiben durfte) der eigentliche Bösewicht ist, der Verantwort­liche für den ewigen Konflikt. Denn wer kann schon etwas gegen eine „Regelung der Frage der palästinensischen Flüchtlinge“ haben? Nun hat Israel diesen „Friedensplan“ durchaus nicht rundweg zurückgewiesen, sondern sich gegen den entschei­denden, von der NZZ aber verschwiegenen Punkt gewehrt: die darin vorgesehene Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge nach Israel. (5)

„Judenreines“ Palästina?

Die monarchistischen Friedenshelden aus Riad schlugen also in Wahrheit eine „Zweistaatenlösung“ eigener Art vor: einen palästinensischen Staat, der wie gehabt judenrein bleibt, und einen zweiten Staat, der sich noch „Israel“ nennt und eine jüdische Minderheit besitzt. Wie böse, bitterböse aber auch, dass die Israelis es ablehnen, Selbstmord zu begehen... (Und dieser Plan der demografischen Vernichtung Israels – meist euphemi­stisch als „gerechte Lösung des Flüchtlingsproblems“ verklau­suliert – findet sich jedes Mal in den zahllosen sensa­tionellen „Friedensinitiativen“, die alle Nase lang medienwirksam „präsen­tiert“ werden.) In Zusammenarbeit mit der Arabischen Liga haben dieselben Saudis in ihrem neuen Staatsbürger­schaftsrecht vom Oktober 2004 noch einmal klar gestellt, dass sie hiervon nicht abrücken. In Saudi-Arabien lebende Ausländer sollen danach zwar einfacher als bisher die saudi-arabische Staatsangehörigkeit erlangen können, etwa eine Million Ausländer aller Nationen werden nach arabischen Schätzungen davon profitieren. Ausdrücklich ausgenommen von der Anwendbarkeit des Gesetzes sind aber wieder und nur die Palästinenser, von denen etwa eine halbe Million im Königreich lebt: „Um die Zersetzung ihrer Identität zu vermeiden und um ihr Recht auf Rückkehr in ihre Heimat zu schützen“, bekommen sie die Staatsbürgerschaft der Saudis keinesfalls. (6)

Wo bleibt angesichts dieser Diskriminierung der Palästinenser eigentlich die Kritik der hiesigen Palästinenser-Freunde an den arabischen Nachbarstaaten? Wenn ihnen das oft wirklich bedau­erliche Schicksal der außerisraelischen Palästinenser in Wahrheit wurscht ist und es ihnen nur um Stänkerei gegen Israel geht, dann wundert es freilich nicht, dass sie hier Maulaffen feil halten. Auf einen entsprechenden anklagenden Bericht in der jungen Welt dürfen wir jedenfalls genauso lange warten wie auf einen in der Süddeutschen oder bei CNN. Prominente Israelhasser wie der Pentagon-Kumpan Noam Chomsky nehmen die arabischen Staaten sogar in Schutz. Chomsky, der stets Solidarität mit den Palästinensern heuchelt, wendet sich dagegen, den arabischen Staaten ihre Weigerung, die bei ihnen lebenden Palästinenser einzubürgern, vorzuwerfen. Denn, so erklärt er, dieser Vorwurf würde „wie üblich die eigenen Wünsche der Palästinenser ignorieren, die darauf bestehen, ihre nationale und kulturelle Identität zu bewahren und in ihr Heimatland zurückzukehren.“ (7)

„Eigene Wünsche“? „Identität“?! Na ja... Dass viele Palästinenser womöglich gar nichts dagegen hätten, unter ihren arabischen Brüdern in Ägypten, Jordanien, Syrien und im Libanon zu leben, wenn man sie nur ließe und ihnen nicht stets und von allen Seiten einbimste, sie müssten mit ihrem Herzblut an ihrer Scholle hängen, dass sie also mit allen staatsbürgerlichen Rechten auch gerne in Kairo oder Alexandria, in Amman oder Akaba, in Aleppo oder Damaskus, in Beirut oder Tripoli leben würden, statt unbedingt und ganz dringend in Haifa, Tel Aviv oder Netanja das sattsam bekannte „friedliche Zusammenleben mit den jüdischen Nachbarn in einem demokratischen Palästina“ zu praktizieren: Das kommt diesem selbstgefälligen Zyniker nicht in den Sinn. Chomsky wirft den Israelis gerne vor, sie würden die Palästinenser bevormunden, doch wer züchtet und instrumentalisiert wohl in Wahrheit deren „Wünsche“ zu finsteren Zwecken? Die Palästinenser, dies muss freilich gesagt werden, lassen das normalerweise auch gerne mit sich machen, denn es sichert ihre großzügige „Sozialhilfe“.

Anmerkungen:
(1) Die Zeit 22/2002; Rubin, Barry/Rubin, Judith Colp: Yasir Arafat. A political biography, London 2003, S. 212. Die PLO ist also in Wahrheit nicht besonders nationalistisch.
(2) Zit. nach Lozowick, Yaacov: Israels Existenzkampf. Eine moralische Verteidigung seiner Kriege, Hamburg 2006, S. 113.
(3) Zit. Nach Elpeleg, Zvi: The Grand Mufti. Haj Amin al-Hussaini, Founder of the Palestinian National Movement, London 1993, S. 175; vgl. auch ebd., S. 136ff.
(4) Online hier zu finden.
(5) Haaretz, 8. Juli 2007: „Israel has welcomed the plan in principle, but says some aspects, such as an apparent call for resettling Palestinian refugees in Israel, are unacceptable.“
(6) „But Al-Watan Arabic daily reported that the naturalization law would not be applicable to Palestinians living in the Kingdom as the Arab League has instructed that Palestinians living in Arab countries should not be given citizenship to avoid dissolution of their identity and protect their right to return to their homeland. Diplomatic sources have estimated the number of Palestinians in the Kingdom at about 500,000.“ Bericht der arabischen Nachrichtenagentur ArabNews vom 21. Oktober 2004.
(7) Chomsky, Noam: Fateful Triangle. The United States, Israel, and the Palestinians, Cambridge 1999, S. 251.

Das Bild entstammt einer Demonstration von Hamas-Sympathisanten in Berlin am 3. Januar 2009.

* Zum ersten Teil: Bitte hier klicken.