9.2.10

Scharia? Find’ ich gut!



Was treibt eigentlich der akademische Nachwuchs im Land der Dichter und Denker so, wenn er nicht gerade gegen unzumutbare Studienbedingungen demonstriert? Nun, er macht sich oft und gern mit großem Engagement und kritischem Gestus ungezählte Gedanken über das Zusammenleben „der Menschen im Land“ (A. Merkel). Einer seiner geisteswissenschaftlichen Zweige beispielsweise beschäftigte sich in der vormals als linke Kaderschmiede geltenden Universität einer hessischen Kleinstadt vor nicht allzu langer Zeit ein Semester lang mit dem Thema „Medien und Orientwissenschaft – die Wahrnehmung des Islam und der islamischen Welt in der Deutschen Presse“. Was dabei herausgekommen ist, lässt sich anhand einer Hausarbeit nachvollziehen, die der GRIN-Verlag dankenswerterweise ins Programm genommen hat. In der Zusammenfassung dieser Publikation heißt es (Orthografie, Interpunktion etc. wie im Original):
„Als Thema meiner Arbeit wurde mir vorgegeben mich mit den positiven Seiten der Einführung der Scharia in Deutschland auseinander zu setzten. [...] Ich kam zu dem Schluss, dass die einzige Basis, auf der meiner Meinung nach über eine Berücksichtigung der Scharia in unserem Rechtssystem diskutiert werden kann, die der Integration ist. Grundgedanke hierbei sollte sein, dass man auf diesem Weg den Muslimen vermitteln könnte, dass man ihre spezielle kulturelle und religiöse Andersartigkeit achtet und gewillt ist, sie – soweit sie deutsches Recht oder die Grundrechte des Menschen und der Demokratie allgemein nicht beschneiden – zu berücksichtigen. Dies könnte es den Muslimen erleichtern, sich in unser Rechtsystem und unsere Kultur zu integrieren. Mithilfe dieser Ansicht möchte ich untersuchen, ob es grundsätzlich von Nöten ist, darüber nachzudenken, in wieweit islamisches Recht auch hier Anwendung finden sollte. [...] Denn nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen europäischen Ländern, wie England oder Frankreich, steht man vor der Aufgabe, dem immer größer werdenden Anteil der Muslime im Land dahingehend Rechnung zu tragen, dass man sich für die Wahrung ihrer kulturellen und religiösen Eigenheiten einsetzt, anstatt sie zu dämonisieren und aus der Gesellschaft auszuklammern.“
Der Verfasser respektive die Verfasserin hat also durchaus Gefallen an seinem bzw. ihrem Gegenstand gefunden, wie auch das Fazit der Arbeit zeigt:
„Ich denke, dass eine Anerkennung der Scharia [...] mit unserer Vorstellung von Rechtsstaatlichkeit vereinbar ist. [...] Ein liberaler und moderner Staat sollte in der Lage sein, Menschen verschiedenster Religionen und Ethnien unter einen Schirm zu bringen. [...] Ich würde mir wünschen, dass wir alle mehr Verständnis und Akzeptanz für die uns fremden Kulturen aufbringen können und den Willen zeigen, dass wir bereit sind, diese anzuerkennen. Dies könnte auch unser Leben bereichern.“
Ein bisschen Scharia hat ja bekanntlich noch niemandem geschadet, am wenigsten den Muslimen. Der Dozent war’s denn auch hochzufrieden:
„Im Rahmen eines ‚diskursiven Experimentes’ wird untersucht, was für die Einführung der Scharia in Deutschland spräche. Überzeugend analysiert sie [die Arbeit] Wesen und Geschichte der Scharia und plädiert für einen differenzierenden Umgang mit der Scharia, ohne rechtsstaatliche Prinzipien aufzugeben. Ich beurteile die Arbeit mit sehr gut (14 Punkte).“
Bliebe die Frage zu beantworten, wer denn der Lehrbeauftragte war, der da einem seiner Schützlinge den Auftrag erteilte, die Vorzüge der Bereicherung eines weltlichen Rechtsstaats durch die islamische Gerichtsbarkeit deutlich zu machen, und der nahezu maximalen Gefallen an dem daraus zwangsläufig resultierenden kulturrelativistischen, gemeingefährlichen Dreck fand. Es handelt sich – und das passt dann ja auch wie der Arsch auf den Eimer – um keinen Geringeren als den notorischen Islam- und Nahost-„Experten“ Michael Lüders, für den „der Westen“ selbst schuld am islamistischen Terror ist, der die bahnbrechende Idee hatte, im Krieg Israels gegen die Hizbollah den Iran als Vermittler einzuschalten, und der von einem „Friedensangebot“ ausgeht, wenn Osama bin Laden eine Hetzrede hält, ohne dabei mit einer Knarre zu jonglieren. So einem liegen sich kritisch dünkende Jungakademiker natürlich zu Füßen.

Interessant wäre es noch zu erfahren, ob Lüders sein Seminar mit ein paar praktischen Übungen beschlossen und, sagen wir, die muslimischen Teilnehmerinnen ganz differenziert und sozusagen diskursiv-experimentell der Scharia ausgesetzt hat, um den Studiosi die Vorteile dieser göttlichen Rechtsordnung zu veranschaulichen. Grau ist schließlich alle Theorie.