Doing the Crouch

„Die Hände ausgestreckt, die Ellbogen steif im rechten Winkel und dann ruckartig zu einem imaginären Beat bewegt, das ist der Torjubel-Mittanz-Wahnsinn, der die Nation durchschüttelt. Von Burnham-on-Crouch bis nach Crouch End machen Menschen den Crouch.”Und das hoffentlich auch bei den WM-Spielen der Three Lions in Frankfurt (gegen Paraguay), Nürnberg (gegen Trinidad & Tobago) und Köln (gegen Schweden). Im Achtelfinale könnte es dann zu einer Begegnung mit den Deutschen kommen, sofern die Naturfreundejugend Berlin nicht mit ihrer Kampagne schon vorher Erfolg hat. In jedem Fall mögen der Zwei-Meter-Mann Peter Crouch und die Seinen so häufig wie möglich dafür sorgen, dass Grund zum Tanzen besteht. Denn das wäre die Erlösung von einem Zustand, den Tobias Kaufmann auf den Punkt bringt:
„Wir Fans können das Spiel unseres Klubs nicht genießen. Wir durchleben jedes Mal einen neunzigminütigen Höllentrip aus Angstschweiß und Adrenalin, der nach einem Sieg in einer Explosion der Erleichterung und Glückseligkeit mündet. Das ist die stärkste Droge, die es gibt.“Was sonst noch zu einem gepflegten Fußballspiel gehört – der Rasen etwa, der Ball, Aberglaube und Teamgeist –, fasst Kaufmann in seinen lesenswerten Elf Geboten zusammen, die bereits zur Europameisterschaft vor zwei Jahren zu lesen waren und nun aktualisiert und überarbeitet wurden.

„Kultur, Wirtschaft und Küche beruhen in Deutschland traditionell auf Angst. Entsprechend stolz ist man auf diese Angst und verbreitet sie gerne weiter. Aktuell ängstigen sich die Deutschen besonders vor ihrer Rente, ihrem Aussterben und ihrem Ausscheiden in der Vorrunde. Scheuen Sie sich nicht, über Ihre eigenen Ängste zu sprechen (z.B. vor Überschwemmungen, Atomkrieg oder Sauerkraut) – gestehen Sie Ihren Gastgebern aber stets zu, die bedeutenderen Ängste zu haben.“Und noch eins sollte man nie tun: „Den Krieg zu erwähnen vergessen“. Denn:
„Deutsche brennen darauf, Ihnen in stundenlangen Gesprächen zu beweisen, dass sie ihre teilweise etwas unglücklich verlaufene Geschichte kennen und daraus Wichtiges gelernt haben. Anschließend erklärt Ihnen der Deutsche dann gern, was in Ihrem Heimatland so alles faul ist und für welche Genozide Sie sich verantwortlich fühlen sollten.“Gerne nimmt er Sie auch mit zum Holocaust-Mahnmal in Berlin, vielleicht nach einem gemeinsamen Endspiel-Besuch. Im ungünstigsten Fall ist er dann stolz, nicht nur Vergangenheitsbewältigungs-, sondern auch Fußball-Weltmeister zu sein. Aber man soll den Teufel ja nicht an die Wand malen.
Hattips: Si Vis Pacem, Para Bellum & Spirit of Entebbe