Human Shields

„Wir empfangen US-Präsident Bush bei seinem Besuch am 14. Juli 2006 in Stralsund mit gebührend breitem Protest. Seine arrogante Machtpolitik wird mittlerweile von einem Großteil der Gesellschaft in den USA abgelehnt. Auch hier muss ihm deutlich gemacht werden, dass er nicht willkommen ist. [...] Die US-Regierung braucht die europäischen Staaten als enge Verbündete für ihre ‚Koalition der Willigen’, um weitere ‚Kriege gegen den Terror’ führen zu können. Aber die Kriege der USA sind selbst Terror und Quelle immer neuer Gewalt.“Was macht man mit Menschen, die dermaßen den Verstand verloren haben, vorausgesetzt, sie besaßen je einen? Man könnte sie mit Jeff Gedmin kurz ernst nehmen und an ihr eigenes Label erinnern:
„Die Friedensbewegung war schon immer gegen Nuklearwaffen. Der Iran baut die Bombe. Die Friedensbewegung vergöttert die Vereinten Nationen und das Völkerrecht. Teheran sträubt sich gegen die Auflagen der Internationalen Atomenergiebehörde. Die Friedensbewegung verurteilt das ‚Wettrüsten’. Wenn der Iran eine Bombe hat, werden auch die Türkei, Saudi-Arabien und Ägypten aktiv. Die Friedensbewegung schätzt Menschenrechte. Die Mullahs lassen Frauen steinigen. Die Friedensbewegung ist modern, multikulturell und weltlich. Präsident Ahmadinedjad glaubt an den 12. Imam und sehnt einen Kampf der Kulturen herbei. Die Friedensbewegung will Frieden. Der iranische Präsident will einen Mitgliedsstaat der Vereinten Nationen von der Landkarte tilgen.“

- Auf der Internetseite der AG Friedensforschung der Uni Kassel macht sich Professor Georg Meggle aus Leipzig „Gedanken zum Iran-Krieg“: „Iran braucht, des Schutzes seiner eigenen Interessen wegen, die Bombe. Der Iran wäre dumm, wenn er diese Schlussfolgerung nicht zöge.“ Im Gegensatz zu Meggle. Der hat sie schon gezogen und ist daher ein besonders schönes Beispiel dafür, dass hinter einem solchen Ruf nach Frieden sich die Mörder und ihre Sympathisanten verschanzen.
- Beim Netzwerk Friedenskooperative hat man Angst davor, im Iran könne eine „pro-westliche Regierung“ zur Macht gelangen; außerdem versucht man sich in einem „Offenen Brief“ an Angela Merkel an dem Kniff, George W. Bush eine Gefährdung Israels vorzuwerfen, dessen „legitime Sicherheitsinteressen“ man generös zu respektieren vorgibt. Was da jedoch „legitim“ ist, weiß das ZK der altgedienten Freunde des nationalen Befreiungskampfes ganz genau und vor allem besser als die Betroffenen selbst: beispielsweise, „eine Atomwaffenfreie Zone unter Beteiligung Israels zu errichten“. Dafür würde man wahrscheinlich glatt noch mal selbst die morschen Knochen gen Nahost mobilisieren. Als Human Shield sozusagen.
- Die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) werben für das „völkerrechtlich verbriefte Recht des Iran auf Urananreicherung“ – was selbstverständlich keinen Widerspruch zur kämpferischen Forderung „US-Atomwaffen raus aus Europa“ markiert, sondern sich gegenseitig bedingt. Dazu passend gibt’s wie gewohnt den wohligen Schauer des Zahlenhorrors: Bei einem „Atomangriff auf den Iran“ würden angeblich innerhalb von 48 Stunden über zwei Millionen Menschen sterben, eine Million schwer verletzt und über zehn Millionen verstrahlt. Ähnliche Katastrophenszenarien wurden auch schon vor dem Irak-Krieg publiziert, und den Verdacht, dass es sich bei solchen Expertisen mehr um einen Wunsch denn um eine Warnung handelt, wird man irgendwie nicht los.
- Ganz großes Kino auch in der Neuen Rheinischen Zeitung bei Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann, die in ihrem Beitrag zum Bashing derjenigen antreten, die den Iran daran hindern wollen, Israel zu vernichten. „Versetzen wir uns einen Moment in die Kriegsstrategen des US-Imperiums. Wie würdet Ihr vorgehen?“, fragen die beiden Kämpen des deutschen Antiimperialismus und versuchen anschließend, die allenthalben ausgemachte Nazi-Keule selbst in die Hand zu bekommen: „Da ihr aber auch die Köpfe der Linken, der Friedensbewegung und antifaschistischer Organisationen und Initiativen in Besitz nehmen wollt, würdet ihr Euch die Nazi-Szene zunutze machen. Dabei würden Euch die in Nazi-Organisationen eingeschleusten V-Leute behilflich sein. Über Personen wie Horst Mahler oder Nazi-Organisationen wie die so genannten ‚Freien Nationalisten Rhein/Main’, die den Aufmarsch für den 17. Juni in Frankfurt-Sachsenhausen planten, würdet ihr versuchen, durch deren Sympathie-Bekundungen für Mahmud Ahmadinedjad die iranische Führung zusätzlich zu diskreditieren.“ Fantasie kennt manchmal keine Grenzen, und der Übergang von ihr zum Wahnsinn ist fließend, wie man sieht. Immerhin handelt es sich um originellen Wahnsinn, denn auf diese Kausalkette muss man erst mal kommen.

Hattips: Doro, Mona Rieboldt, Spirit of Entebbe & Franklin D. Rosenfeld