18.6.06

Stoibär

Wie schön, dass es trotz der Weltmeisterschaft noch echte, ja klassische Sommerloch-Themen gibt. Bär Bruno aka „JJ1“ ist so eines. Der Kerl ist zwar braun und nicht schwarz, aber er hat trotzdem etwas wunderbar Anarchistisches an sich: Lässt sich von keiner Grenze aufhalten, sondern nutzt schamlos das Schengener Abkommen aus und macht sozusagen kaputt, was ihn kaputt macht. Oder so ähnlich: „Wie am Sonntag bekannt wurde, richtete er in der Nacht auf einer Alm bei Achenkirch im Bezirk Schwaz Sachschaden an. Wie die Polizei bestätigte, habe der Meister Petz gegen 23 Uhr auf der Alm einen Holzzaun beschädigt. Dadurch seien Kühe ausgebrochen und brüllend umhergelaufen.“ Bruno ist also offenbar auch Veganer oder Tierbefreier, vielleicht sogar straight edge. Und er kennt seine Rechte: „Der Bärenanwalt wurde verständigt“, berichtet die Wiener Zeitung. Den Führerschein hat er offensichtlich zwar noch nicht, aber schwimmen kann er wie Michael „Albatros“ Groß zu seinen besten Zeiten: „Zuvor hatte der Braunbär nach seinem Autounfall und der Flucht vor den Suchhunden durch den Sprung in einen Stausee den bayerischen Kurort Kochel am See heimgesucht und war in der Nacht auf Samstag dort von mehreren Augenzeugen beobachtet worden.“

Inzwischen ist Bruno wieder in Österreich gelandet, nachdem er zuvor im bayerischen Kochel noch, sagen wir, Katz und Maus mit unbescholtenen Bürgern gespielt hatte: „Gegen 23.10 Uhr hatte ein Einheimischer, der mit seinem Hund spazieren ging, das Tier in nur etwa 20 Meter Entfernung auf der Straße gesehen. Er habe dem Bären ausweichen wollen, indem er um ein Haus herumging. Meister Petz tat jedoch dasselbe, so dass beide wiederum nur im Abstand von 70 Metern aneinander vorbei liefen.“ Klassischer Slapstick also, aber das Tier hat auch das Zeug für einen richtigen Action-Stunt: „Der Bär sei danach gegen einen Drahtzaun geprallt. Eingeengt sei er dann aus dem Stand eine etwa 2,50 Meter hohe Felsmauer hoch gesprungen.“

Ganz großes Kino also, und da stockt selbst hart gesottenen Politikern der Atem. Wie dem bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber beim Versuch einer Expertise, die offenkundig eine Mischung aus Brehms Tierleben und dem Verfassungsschutzbericht ist. Hier nun das Skript seiner Ausführungen; wer das Ganze lieber hören möchte, kann dies bei rest::müll tun.
„Äh… Natürlich freuen wir uns, das ist gar keine Frage, freuen wir uns, und die Reaktion war völlig richtig, einen äh… sich normal verhaltenden Bär in Bayern zu haben. Äh… Ja, des ist gar net zum Lachen! Äh… Und der Bär im Normalfall… Ich muss mich ja auch… äh… Auch Werner Schnappauf hat sich natürlich hier äh… intensiv äh… mit äh… so genannten Experten austausch… austauschen äh… müssen. Nun haben wir äh… Der normal verhaltende Bär lebt im Wald, geht niemals äh… raus und äh… reißt vielleicht äh… ein bis zwei Schafe im Jahr. Äh… Wir haben dann einen Unterschied zwischen dem normal sich verhaltenden Bär, dem Schadbär, und dem äh… Problembär. Und äh… es ist ganz klar, dass äh… dieser Bär äh… ein Problembär ist und äh… es ist im Übrigen auch äh… im Grunde genommen äh… durchaus äh… ein, ein… ein gewisses Glück gewesen: Der hat um 1 Uhr nachts äh… praktisch äh… diese Hühner gerissen. Und äh… Gott sei Dank war in dem Haus äh… war… Also jedenfalls ist äh…das nicht bemerkt worden aufgrund von äh… Es ist nicht bemerkt worden. Stellen sie sich mal vor, der war ja mittendrin, stellen sie sich mal vor, die Leute wären raus und wären praktisch jetzt äh… dem Bären äh… praktisch begegnet. Äh… Was da hätte passieren können! Und deswegen… Man muss einfach hier sehen… Ich habe sehr viel Verständnis für all diejenigen, die jetzt sagen: ‚Um Gottes Willen, ähm… äh… der Bär, und warum muss der gleich jetzt äh… abgeschossen werden bzw. muss hier eine… eine… Abschuss… äh… -erlaubnis gegeben werden?’ Nur, wenn die Experten sagen, das ist ein absoluter äh… das ist ein absoluter Problembär, äh… da gibt es nur die Lösung ihn äh… zu beseitigen, weil einfach die Gefahr so groß ist, dann hat der Minister keine andere äh… Möglichkeit äh… als eben so zu handeln, wie er gehandelt hat.“