23.8.06

Entwaffnung? Kinderspiel!

Wie es aussieht, hat sich der Times-Kommentator Tim Hames geirrt. „Die Hizbollah war bis zum 11. Juli ausschließlich ein Problem für Israel. Das Dilemma ist nun internationalisiert worden. Die UNO wird zu der Einschätzung gelangen, dass es, wenn sie den Frieden nicht behaupten kann, die Hizbollah gewesen sein wird, die den vom Sicherheitsrat auferlegten Waffenstillstand gebrochen hat, und dass dann ihre eigene Autorität gefährdet ist. Das ist ein wichtiger Durchbruch für Israel“, kommentierte er die Zustimmung des jüdischen Staates zur UN-Resolution 1701. Zehn Tage später zeigt sich immer deutlicher, dass seine Einschätzung doch arg optimistisch war. Denn diese Internationalisierung – die Israel bis dahin aus guten Gründen stets abgelehnt hatte – wird nicht nur nicht zur Entwaffnung der Hizbollah führen; die UNIFIL sieht ihr Mandat auch darüber hinaus als „prinzipiell defensives“ und führt damit konsequent die Tradition seit ihrer Stationierung 1978 fort, die Terrororganisation freundlich gewähren zu lassen, wo sie nicht gleich offen mit ihr kollaboriert. Dass die UN-Truppe dabei auch noch ausgerechnet der libanesischen Armee – deren Sympathien für die Hizbollah nachgerade sprichwörtlich sind – allen Ernstes die Abrüstung von Nasrallahs Jüngern sowie den Schutz Israels aufgetragen hat, böte reichlich Stoff für Satire, wäre die Realität nicht längst selbst schon eine. In der französischen Zeitung Le Monde wird geschildert, wie sich die Vereinten Nationen die Umsetzung ihrer Resolution vorstellen:
„UNO-Soldaten sollen demnach zwar nicht aktiv nach Raketen der radikal-islamischen Hizbollah suchen. Sie sollen aber Waffen beschlagnahmen, auf die sie zufällig stoßen. Ebenso sollen sie einzelne Hizbollah-Kämpfer entwaffnen können, die ihnen bei ihren Patrouillen begegnen. ‚Wir werden nicht aktiv nach Waffen der Hizbollah suchen’, sagte ein hoher UNO-Vertreter ‚Le Monde’. ‚Wenn wir aber bei einer Patrouille auf ein Versteck stoßen, ist es unsere Aufgabe, diese Raketen zu beschlagnahmen.’ Laut der Zeitung ist auch der Fall geregelt, wenn die UNIFIL Hizbollah-Kämpfer beim Abschuss einer Rakete entdecken sollte. Die Truppe werde dann die libanesische Armee verständigen ‚und sollte keine Gewalt einsetzen, auch wenn sie eine strikte Auslegung ihres Mandats dazu bevollmächtigen würde’.“
Hätte das Ganze nicht einen ernsten Hintergrund, man könnte glatt schmunzeln bei der Vorstellung, wie erwachsene Menschen in Uniformen sich die Augen zuhalten und bis hundert zählen, bevor sie mit einem freundlichen „Ja, wo sind sie denn?“ ihre Patrouillen genannten Spaziergänge fortsetzen und so tun, als ob sie etwas aufspüren wollten, um es im unwahrscheinlichen Fall der Fälle bei einem zeigefingerschwenkenden „Du, du!“ zu belassen. Oder wie sie in einem dicht besiedelten Wohngebiet eine Abschussrampe gewärtigen und – sofern sie diese nicht bloß für ein Klettergerüst auf einem Abenteuerspielplatz halten – ihr Handy zücken, um den Oberbefehlshaber des libanesischen Militärs zu kontaktieren, während es hinter ihnen bereits vernehmlich zischt. Der Groteske fehlt gleichwohl noch die eigentliche Pointe – bitte sehr:
„Aus Kämpfen zwischen Israelis und der Hizbollah soll sich die UNO-Truppe dem Bericht zufolge ebenfalls heraushalten. ‚Wir werden uns nicht dazwischenstellen. Wir werden versuchen, sie mit anderen Mitteln zu stoppen’, sagte ein UNO-Funktionär dem Blatt. ‚Doch wenn Israel auf Zivilisten zielt, werden wir Gegenmaßnahmen finden müssen und die Zugangsstraßen blockieren oder Beobachter stationieren, auch wenn das sehr gefährlich ist.’“
Man weiß halt, von wem die eigentliche Gefahr ausgeht, und man wusste es schon immer. Vielleicht treffen die deutschen Soldaten, die an der UN-Mission teilnehmen, bei ihren Wanderungen ja den flüchtigen „Kofferbomber“ aus Köln, der inzwischen wohl wieder irgendwo im Libanon unter Seinesgleichen herumgeistert und ihnen dann gemeinsam mit anderen berichten kann, dass eigentlich nur geplant gewesen sei, den „Kreuzzug der Protestanten“ zu stoppen, und dass die Hizbollah bloß deshalb mit Katjuschas schieße, weil „die Juden ein Kind oder so vergewaltigt haben“. Oder man liest beim Tee gemeinsam den neuesten Bericht von Amnesie, Verzeihung: amnesty international über die „vorsätzlichen Kriegsverbrechen“ des Judenstaates. Schließlich ist nichts zu absurd, als dass es nicht mit heiligem Ernst und im Brustton der Überzeugung vertreten werden könnte.

Hattip: Mona Rieboldt