Kabarett frei Haus
Die UNO ist ein honoriger Verein, nachgerade ein Vorbild für Basisdemokratie, so etwas wie die Grünen im Weltmaßstab also: Allerweil sorgt man sich um den Frieden auf dem Planeten, gibt das Sprachrohr für die Dritte Welt, und selbst die Fundi-Fraktion darf ans Rednerpult, um denen da oben ein bisschen ans Bein zu pinkeln. Wenn jetzt noch das globale Dosenpfand eingeführt, die Trennung von Amt und Mandat beschlossen und Jürgen Trittin zum nächsten Generalsekretär gewählt würde, könnte die Erde endlich eine richtig harmonische Veranstaltung werden. Bis es soweit ist, begnügt man sich notfalls mit Hinterbänklern, die auch mal was sagen wollen und dürfen. Der hauseigene Beauftragte für den Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus beispielsweise, Doudou Diene aus dem Senegal, verkündete mit besorgter Miene, die Rede des Papstes im beschaulichen Regensburg fördere „die Strömungen, die den Islam und den Terrorismus in eine Schublade stecken wollten“ – völlig zu Unrecht, versteht sich. Eine „ausgewogene Herangehensweise“ des katholischen Oberhauptes wäre vielmehr wünschenswert gewesen, sagte er; schließlich habe „die Debatte über Gewalt und Religion eine lange kontroverse Geschichte“. Ergo befasst sich nun auch der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen mit der Causa, auf Antrag – wie könnte es anders sein – von Delegationen islamischer Länder. In einem davon, Pakistan nämlich, forderte eine Versammlung von rund 1.000 Geistlichen und Religionsgelehrten allen Ernstes die Amtsenthebung von Benedikt XVI. „Wenn der Westen nicht seine Haltung gegenüber dem Islam ändert, wird er ernste Konsequenzen zu tragen haben“, hieß es in einer Erklärung.
Wie diese „ernsten Konsequenzen“ aussehen, ist inzwischen hinlänglich bekannt, selbstverständlich aber kein Fall für den UN-Menschenrechtsrat, der seinen Namen nicht nur deshalb ungefähr so zu Recht trägt wie der Islam die Bezeichnung „Religion des Friedens“. Doch darüber muss man sich nicht wundern und noch nicht einmal mehr staunen. Mit ein wenig Neigung zum schwarzen Humor ließe sich immerhin zufrieden konstatieren, dass das, was die Weltorganisation so alles in petto hat, Kabarett at its best ist, frei Haus und ohne GEZ-Ablass, dafür jedoch mit begnadeten Laiendarstellern. Doudou Diene ist einer davon; ein anderer heißt Alain Pellegrini, ist französischer Generalmajor und derzeit Befehlshaber der Friedenstruppe der UNO im Libanon, kurz: UNIFIL. Die ist eigentlich dafür zuständig, zu verhindern, dass die Hizbollah Nachschub an Waffen bekommt, und könnte ihr Mandat darüber hinaus sogar dahin gehend verstehen, Nasrallahs Truppen ein wenig abzurüsten. Doch The Show must go on, und daher stellte Pellegrini in einem Interview klar, dass seine Einheiten bestenfalls so tun, als seien sie von irgendeinem Nutzen: Selbst wenn man Notiz von einem geplanten neuerlichen Angriff der Terrorvereinigung auf Israel nähme, werde man die Füße still halten: „Wir werden zuallererst beobachten. Wenn wir etwas Gefährliches sehen, informieren wir die libanesische Armee, und die wird dann entscheiden, ob sie selbstständig oder mit uns gemeinsam reagieren will.“
Das läuft für letztere wohl eher auf eine Ich-AG hinaus, wie der libanesische Verteidigungsminister Elias Murr (Foto rechts) deutlich machte. Denn der hatte die Bahn brechende Idee, die Hizbollah in eine Brigade der Streitkräfte zu integrieren und im Südlibanon einzusetzen; sie „könnte unter Kontrolle der Armee eine Rolle beim Schutz der Dörfer im Süden haben“. Schließlich wolle man Nasrallah glauben, „dass die Waffen der Hizbollah dem Schutze des Libanons dienten und keine Karte Irans sind“. Der Hizbollah-Führer vernahm die Worte wohl, allein, es fehlte ihm – selten genug – der Glaube: Auf einer Kundgebung in Beirut am Freitag verlangte er den Rücktritt der libanesischen Regierung und ihres Ministerpräsident Fuad Siniora, weil diese den „Herausforderungen nach dem Libanon-Krieg nicht gewachsen“ seien. Da habe man selbst schon Handfesteres zu bieten: „Keine Armee der Welt kann uns dazu zwingen, die Waffen aus unseren Händen zu geben.“ Nicht die libanesische, und die UNFIL schon gleich gar nicht. Denn deren Chef sorgt sich vielmehr um das „gefährliche Verhalten“ Israels, das seine Flugzeuge weiterhin über den Libanon schicke – was „sowohl gefährlich als auch inakzeptabel“ sei. Daher winkte man auch die Nasrallah-Fans durch, die ihr Idol in Beirut hören wollten und beim Passieren von UN-Posten auch schon mal per Handschlag begrüßt wurden (Foto oben).
Ein ähnlich bühnenreifes Stück auf den Brettern der Vereinten Nationen befasste sich mit der angeblich unmittelbar bevorstehenden Anerkennung Israels durch die Hamas. In der Hauptrolle: Mahmud Abbas, der vor einem geneigten Publikum wirklich sein ganzes Talent in die Waagschale warf. Dummerweise hatte er das Drehbuch vorher nicht den Regisseuren vorgelegt, die daher auch prompt dementierten, mit dem „Rezept zum Bürgerkrieg“ irgendetwas zu tun zu haben, und stattdessen etwas von einem zehnjährigen Waffenstillstand erzählten. Gelacht hat niemand. Aber das ist auf grünen Parteitagen ja auch so.
Hattip: barbarashm