Im Irrenhaus der Hizbollah
Eigentlich konnte sich die Hizbollah entspannt zurücklehnen, als die UN-Resolution 1701 in Kraft trat. Denn einen ernsthaften Versuch, Nasrallahs Terrorverein zu entwaffnen, stellte der Beschluss der Vereinten Nationen nicht dar; zudem kam der Judenmörderbande gelegen, dass die überwiegend schiitische libanesische Armee in den Süden des Landes einrücken soll, zu der es bekanntlich treue Verbindungen gibt. Und auch die libanesische Regierung und ihr Premierminister Fuad Siniora machten keine Anstalten, dem Terror ernstlich zu Leibe zu rücken. Nun verzichten sie jedoch möglicherweise auf ihre Bedingung, Schiffe innerhalb der Sieben-Meilen-Zone vor der Küste selbst zu kontrollieren, und scheinen Marineverbänden der UN die Patrouillen innerhalb dieses Gebiets gestatten zu wollen. Sollten diese ihren Auftrag, auf dem Seeweg erfolgende Waffenlieferungen an die Hizbollah zu unterbinden, tatsächlich ernst nehmen, wäre ein wichtiger Nachschubweg unterbrochen. Das sorgt für Unruhe bei den Gotteskriegern, die schon länger Verrat wittern.
Wie das inoffizielle Verlautbarungsorgan der Hizbollah in Deutschland, die Tageszeitung junge Welt, heute berichtet, gab es am Montag Proteste der Anhänger Nasrallahs in Beirut. Ali Ammar, Abgeordneter der Hizbollah, Parlamentsmitglied und Redner auf der Demonstration, wird in dem Blatt mit den Worten zitiert, die libanesische Regierung habe „sich mit dem Feind von Beginn des Krieges an verbunden. Wir sagen der Regierung: Ihr müsst gehen. Sie [hat] die Eliminierung des (islamischen) Widerstandes in Kollaboration mit den Amerikanern und den Israelis geplant.“ Die Hizbollah werde sich daher gegen eine Abrüstung wehren: „Die Waffen des Widerstandes sind Waffen, die bleiben, bleiben, bleiben.“ Als Grund für die Kundgebung nennt die junge Welt in gewohntem Antiimp-Slang dies: „Der Unmut kam auch zustande, weil, wie am Wochenende bekannt wurde, die USA mit Israel in neokolonialer Manier ‚Pläne für den Libanon’ abgeglichen hatten. Die israelische Nachrichtenagentur Ynetnews berichtete, Washington werde ‚die libanesische Armee mit Militärgerät im Wert von 30 Millionen Dollar ausstaffieren und Ausbilder senden, die die Kräfte so trainieren, dass sie mit der Hizbollah und anderen, Syrien unterstützenden Elementen umgehen können’.“
Der Verfasser dieses Agitprop-Artikels ist übrigens Jürgen Cain Külbel – ein Journalist mit einer bemerkenswerten Geschichte und Gegenwart: Kommunist vom ganz alten Schlage, war er ursprünglich Diplom-Kriminalist und als solcher bis zum Ende der DDR elf Jahre lang als „Fahnder, Ermittler und Vernehmer in Strafsachen mit unbekanntem Täter und in Mordsachen“ tätig. Doch damit erschöpfte sich seine Berufung nicht: „Durch persönlichen Einsatz erreichte er 1989 die Legalisierung des Karatesports in der DDR und organisierte die 1. DDR-offene Karate-Meisterschaft.“ Ein echter Kämpfer vor dem Herrn also – allemal ein Grund für den notorischen Muslim-Markt, ihm in aller Ausführlichkeit das Wort zu erteilen. Und Külbel ließ in dem Interview nichts aus – von antisemitischen Invektiven gegen die „Regierungsclique in Jerusalem, die auf ihrem Staatsterritorium in Geheimgefängnisse verschleppte In- und Ausländer foltern lässt und suspekte Menschen gezielt und ‚vorbeugend’ eliminiert“ über die „Barbaren im Weißen Haus“, die „kriminellen Amerikaner“ also und ihre „schwachköpfigen Weltrettungsorgien“, bis hin zu krudesten Verschwörungstheorien spannte er den Bogen. Sogar eine echte Überraschung hatte Külbel parat: Osama bin Laden könne gar nicht für 9/11 verantwortlich sein, weil er zu diesem Zeitpunkt bereits tot gewesen sei. Da staunten sogar die Islamisten:
Muslim-Markt: „Wir wussten noch nicht einmal sicher, dass USAma bin Laden jemals gelebt hat und Sie wollen wissen, dass er verstorben ist. Woher haben Sie diese Information?“Das Gespräch bietet ein weiteres prachtvolles Beispiel für die „Schnittmenge“ zwischen dem Islam und der Linken, die schon Oskar Lafontaine betont und goutiert hatte. „Toleranz zwischen diesen ‚Geistern’ könnte Schulterschluss bewirken. Vielleicht ließe sich da was machen“, antwortete auch Külbel auf die entsprechende Frage des Muslim-Markts nach Kooperationsmöglichkeiten. Und bedankte sich schließlich in aller Form und Freundschaft: „War mir Ehre und Vergnügen zugleich.“
Külbel: „Ja, ich gebe vor, das zu wissen. Da ich darüber gerade arbeite, nämlich an einem Buch mit dem Arbeitstitel ‚Osama bin Laden – Welttheater mit Leiche’, möchte ich ungern darüber sprechen. Aber einigen wir uns an dieser sensiblen Stelle einfach auf den ‚Markenartikel’ Osama bin Laden oder auch USAma bin Laden, der zugleich PR-Plattform für Freund und Feind ist.“
Doch damit nicht genug der Unterstützung für islamistische Judenhasser durch aufrechte Kämpfer für Frieden & Gerechtigkeit: Auch der Deutsche Friedensrat e.V. kämpft an allen Fronten und hat, wie einmal mehr die junge Welt weiß, „am Freitag vor dem Berliner Verwaltungsgericht Klage gegen das Land Berlin erhoben.“ Warum? Darum: „Der Verein will damit nach eigenen Angaben gegen eine Anordnung von Innensenator Ehrhart Körting (SPD) vom 10. August vorgehen, mit der dieser das Mitführen von Hizbollah-Fahnen und Porträts ihres Generalsekretärs Hassan Nasrallah bei Demonstrationen verboten hatte. Der Deutsche Friedensrat sieht darin eine Verletzung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit.“ Richtig gelesen: Wer keine Bilder von Judenmördern und keine Insignien von deren Banden mit auf antisemitische Manifestationen nehmen darf, ist sozusagen Bürger zweiter Klasse und eigentlich gar kein richtiger Mensch. Demnächst in diesem Irrenhaus: Die Friedensbewegung fordert die Wiederzulassung von Hakenkreuzfahnen und Führerporträts. Man geht ja praktisch nicht mehr ohne.
Doch die Zwangsjacke zwickt sicher etwas weniger, wenn die Insassen der Anstalt hören, was der, dessen Foto sie auf hiesigen Kundgebungen nicht zeigen dürfen, Neues in petto hat. Denn Hassan Nasrallah bekundete aufs Neue seine Bereitschaft, die beiden immer noch in der Gewalt der Hizbollah befindlichen entführten israelischen Soldaten freizulassen – sofern er im Gegenzug Samir Kuntar an seinen Turban drücken darf. Kuntar, ein libanesischer Druse, war Mitglied der Palästinensischen Befreiungsfront (PLF) und Anführer eines von Abu Abbas entsandten Kommandotrupps bei einem Überfall im April 1979 auf die israelische Stadt Nahariya, bei dem drei Zivilisten, darunter zwei Mädchen im Alter von zwei und vier Jahren, und zwei Polizisten getötet wurden. Kuntar wurde festgenommen und verbüßt seitdem eine vierfach lebenslängliche Freiheitsstrafe in einem israelischen Gefängnis. Bereits bei früheren Gefangenenaustauschen hatte die Hizbollah seine Freilassung gefordert; bisher jedoch ohne Erfolg. Wer wissen möchte, um was für einen es sich bei Samir Kuntar handelt, und dabei über gute Nerven verfügt, lese das Zeit-Dossier „Die Witwe und der Terrorist“ und den Bericht von Smadar Haran-Kaiser in der Washington Post vom 18. Mai 2003. Haran-Kaiser, eine Einwohnerin Nahariyas, verlor bei dem Überfall ihren Ehemann Danny und ihre beiden kleinen Töchter Einat und Yael auf grausame Weise. Kuntar war einer der Mörder.
Nasrallahs deutsche Freunde – heißen sie nun Jürgen Cain Külbel oder Deutscher Friedensrat e.V. – wird das wenig scheren. Empathie für die Opfer des islamistischen Terrors kennen sie nicht. Nicht am 11. September und nicht an einem anderen Tag. Ganz im Gegenteil.
Die Fotos entstammen einer antiisraelischen Demonstration unter dem Motto „Ceasefire now!“ („Waffenstillstand jetzt!“) in London am 5. August 2006.
Hattips: ts, David Harnasch, Matthias Küntzel & barbarashm