Ganz die Alten
Als Shlomo Ben-Ami, ehemaliger israelischer Außenminister, im September 2001 in einem Interview mit der israelischen Tageszeitung Ha’aretz gebeten wurde, die gescheiterten Friedensgespräche von Camp David zu bilanzieren, an denen er beteiligt war, zog er unter anderem dieses Resümee: „Es gab in den Verhandlungen zwischen uns und den Palästinensern keinen einzigen palästinensischen Gegenvorschlag. Es gab keinen, und es wird niemals einen geben. Deshalb befindet sich der israelische Unterhändler immer in einem Dilemma: Entweder stehe ich auf und gehe hinaus, weil diese Jungs nicht bereit sind, von sich selbst aus weiterführende Vorschläge zu machen, oder ich mache ein weiteres Zugeständnis. Am Ende macht auch der moderateste Unterhändler die Erfahrung, dass es kein Ende dieses Ablaufes gibt.“ Es ist überaus lohnenswert, dieses Interview mit dem zeitlichen Abstand von acht Jahren noch einmal zu lesen, zumal vor dem Hintergrund des Parteitags der Fatah vom vergangenen Wochenende. Was dort beschlossen – besser gesagt: widerspruchslos verkündet – wurde, zeigt nämlich einmal mehr, dass nicht nur die Hamas, sondern auch die im Westen als gemäßigt gehandelte Fatah keine Zweistaaten-, sondern weiterhin eine Kein-Staat-Israel-Lösung anstrebt.
Denn die Organisation von Mahmud Abbas hat auf ihrer Generalversammlung in Bethlehem – der ersten seit zwanzig Jahren – nicht zuletzt einen Anspruch der Palästinenser auf ganz Jerusalem behauptet. Zudem hat sie offiziell bekräftigt, dass die Al-Aqsa-Märtyrer-Brigaden ihr „bewaffneter Arm“ sind. Zur Erinnerung: Diese Truppe war unter anderem für zahlreiche Selbstmordanschläge verantwortlich – wobei sie teilweise sogar Kinder als Attentäter einsetzte – und kooperierte mit anderen Terrorbanden wie dem Islamischen Djihad und der Hizbollah. Darüber hinaus erklärte sie im Juni 2005, dass sie sich „mit den Positionen und Erklärungen des iranischen Präsidenten [Mahmud Ahmadinedjad], der in ehrenvoller Weise dazu aufrief, Israel von der Landkarte zu streichen, identifiziert und sie vollkommen unterstützt“. Ein prominenter früherer Kommandeure der Brigaden, Zakariya Zubeidi, ermunterte die Fatah-Mitglieder nun, sich auf eine Konfrontation mit Israel vorzubereiten, die durchaus die Form einer weiteren „Intifada“ haben könne.
Passend dazu hatte die Fatah ihren Versammlungssaal mit einem großen Konterfei Yassir Arafats und einem Bild verziert, das ein Maschinengewehr zeigt. Eine solche Dekoration spricht Bände: Es geht der in der Westbank herrschenden Partei nicht darum, wie ein künftiger Palästinenserstaat auszusehen hat, wie er verfasst ist, welche Gesetze er sich zu geben gedenkt und wie beispielsweise das Bildungs- oder das Gesundheitssystem gestaltet sein sollen. Die Fatah hat kein Programm, das Antworten auf solche Fragen gibt. Ihr ganzes Dasein ist weiterhin einzig und allein auf die Zerstörung Israels ausgerichtet; diskutiert werden allenfalls die Mittel und Wege, um dieses Ziel zu erreichen. Wie früher für Yassir Arafat sind auch für Mahmud Abbas Fortschritte in Verhandlungen mit Israel deshalb ein Graus. Was auch immer eine israelische Regierung anbietet – und sei es noch so weitgehend wie die Offerte von Ehud Barak in Camp David –, stets wird die palästinensische Seite, und sei es in allerletzter Minute, sagen: Das genügt uns nicht. Und stets wird sie sich weigern, eigene Vorschläge zu unterbreiten – denn täte sie es, würde sie damit ja zeigen, dass sie sich tatsächlich mit der Existenz des israelischen Staates abfindet. Und das will sie um keinen Preis.
Es ist deshalb nur konsequent, dass die israelische Regierung von Premierminister Benjamin Netanyahu hart bleibt und an die Entstehung eines palästinensischen Staates Bedingungen knüpft, die für Israels Sicherheit existenziell sind: Demilitarisierung, Anerkennung der Roadmap als Verhandlungsgrundlage, Anerkennung Israels als explizit jüdischer Staat. Unannehmbar sind solche Forderungen lediglich für jene, die weiterhin das Ziel eines Nahen Ostens ohne Juden verfolgen. Netanyahu weiß, dass Israel sich im Zweifelsfall nur auf sich selbst verlassen kann und dass es Schlimmeres gibt als einen ungelösten Nahostkonflikt: eine Lösung nämlich, wie sie Israels Feinde anstreben. Und zu diesen Feinden gehört weiterhin auch die Fatah. Es wird Zeit, dass die Palästinenser sich ein Beispiel an der Opposition im Iran nehmen und sich erheben: nicht gegen Israel, sondern vielmehr gegen die Hamas, die Fatah, den Islamischen Djihad und all die anderen antijüdischen Kräfte, die ein Hindernis auf dem Weg zu einem guten oder doch wenigstens erträglichen Leben im Diesseits sind.
Das Foto zeigt (von links) die Hamas-Führer Ismail Hanija und Khaled Meshaal nebst dem Kollegen Mahmud Abbas von der Fatah.
Herzlichen Dank an Julius für wertvolle Hinweise.