Antisemitische Gängelei

Dabei gab es für die Fans in Israel Grund zur Hoffnung, internationalen Fußball endlich wieder zu Hause sehen zu können: Nachdem die israelischen Klubs ihre Heimspiele in der Qualifikation zum Europapokal teilweise mehrere tausend Kilometer entfernt austragen mussten – angeblich sei die Sicherheit der Gästeteams nicht gewährleistet –, hatte die UEFA Mitte August angekündigt, das Match der Nationalmannschaft gegen den Pyrenäenstaat könne planmäßig im Ramat-Gan-Stadion über die Bühne gehen, sollte sich der Waffenstillstand als stabil erweisen. Diese Voraussetzung ist zwar eindeutig erfüllt – doch beim europäischen Verband sah man keinen Grund, an der bestehenden Regelung etwas zu ändern. Bis zur Zusammenkunft der UEFA-Verantwortlichen am 14. September bleibt es daher dabei, dass israelische Fußballmannschaften keine echten Heimspiele haben werden. Neben dem Nationalteam betrifft das auch Maccabi Haifa, das in der ersten Runde des UEFA-Pokals ebenfalls nicht im eigenen Stadion spielen darf. Lediglich Hapoel Tel Aviv kann noch hoffen – sein Rückspiel in diesem Wettbewerb findet am 28. September statt.
Der Zornesausbruch des Sportministers, der sich gegen den UEFA-Präsidenten Lennart Johansson (oberes Foto) und dessen Generaldirektor Lars-Christer Olsson (unteres Bild) richtete, ist zweifellos nachvollziehbar. Denn andere Gründe für die erneute Benachteiligung Israels als antisemitische scheiden mittlerweile im Grunde genommen aus; die vorgeblichen Sicherheitsbedenken jedenfalls erwecken schon länger den Eindruck, bloß vorgeschoben zu sein: Würde die UEFA in allen Fällen mit gleichem Maß messen, hätte sie zumindest auch die Heimspiele spanischer und englischer Teams nach den Terrorangriffen von Madrid und London oder die Partien türkischer Mannschaften nach dem jüngsten Anschlag in Antalya verlegen müssen. Doch nichts dergleichen geschah, und daher müssen sich die Verantwortlichen des Verbandes den Vorwurf gefallen lassen, eine explizit politische Entscheidung getroffen zu haben. Israel „das Heimrecht zu entziehen, ist ein Frevel antiisraelisch eingestellter dritt- und viertklassiger Funktionäre, die einiges an Nachfrage verdienen“, befand Samuel Laster in der Internetzeitung Die Jüdische. Gegenüber Lizas Welt bezeichnete Laster die Entscheidung, Israels Partie gegen Andorra vor leeren Rängen in den Niederlanden stattfinden zu lassen, als „Mischung zwischen einer Flucht vor der Verantwortung und blankem Hass. Die UEFA scheint das ‚Sicherheitsproblem’ für die Europameisterschaft 2008 vorsorglich elegant entsorgen zu wollen“.

Bei israelischen Fußballverband IFA hat man von der ständigen Gängelei die Nase längst gestrichen voll und erwägt, über Schweizer Anwälte – die UEFA hat ihren Verwaltungssitz in Nyon – beim Internationalen Sportschiedsgerichtshof (CAS) gegen den Verband vorzugehen, auch wenn die letzte Klage dort kürzlich abgeschmettert wurde. „Der Krieg ist nun schon eine Weile vorbei, und ich glaube nicht, dass es rechtmäßig ist, Israel seine Heimspiele zu verbieten“, sagte Avi Luzon, ein Sprecher der IFA. „Wir planen, der UEFA in dieser Sache den Kampf anzusagen. Das Spiel gegen Andorra können wir vergessen; wir werden in Holland spielen müssen. Aber wir werden die verbleibenden Spiele nach Israel zurückholen. Wir werden keine Mühen scheuen und die Top-Anwälte in der Schweiz verpflichten, die sich mit den Regularien der UEFA auskennen. Wir werden alle uns zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, damit die Spiele in Israel ausgetragen werden.“ Die israelische Tageszeitung Ha’aretz bezeichnete den Beschluss des europäischen Verbands als „unsportliches Verhalten“ und wies darauf hin, dass er nicht nur die sportlichen Chancen israelischer Mannschaften schmälere, sondern auch einen nicht unerheblichen wirtschaftlichen Schaden bewirke. Das gilt übrigens auch für eine Sportart, in der Israel ungleich erfolgreicher ist als beim Fußball: Der Basketballverband FIBA hat ebenfalls entschieden, die Qualifikationsspiele des Landes bei den Frauen und Männern an weit entfernte Orte zu verlegen.
Bei der UEFA zeigte man sich unterdessen völlig uneinsichtig und drückte „tiefe Betroffenheit über die Berichte in der israelischen Presse und die Aussagen von Israels Sportminister Ophir Pines-Paz über UEFA-Präsident Lennart Johansson und Generaldirektor Lars-Christer Olsson sowie die Austragung von Länderspielen auf israelischem Boden“ aus. „Für die UEFA ist eine solche Erklärung nicht zu akzeptieren, dafür fehlt jegliches Verständnis.“ Eine Besserung ist nicht in Sicht: Eigentlich war der Rücktritt ihres gealterten Präsidenten Johansson bereits für letztes Jahr erwartet worden, doch Sportfunktionäre pflegen sich noch schwerer von ihrer Macht trennen zu können als Politiker. Also verlängerte der Schwede seine Amtszeit kurzerhand selbst bis 2007. Und ob der 77-jährige dann für einen Nachfolger Platz macht oder eher vorhat, papstgleich bis zu seinem Tod dem antiisraelischen Fußballverband vorzustehen, ist noch lange nicht geklärt.
Übersetzungen aus Ha'aretz: Liza – Hattip: Roelf Bleeker-Dohmen