Kinder in der Kiste

Mehr als zwanzig Jahre später ist die Welt, nun ja, unübersichtlicher geworden. Gefahren lauern allenthalben, und schuld daran ist bekanntlich zuvörderst das, was da so aus der Glotze erst auf die Kurzen herniederprasselt und sich später vermeintlich naturwüchsig reproduziert: Mord, Totschlag, Krieg und Gewalt. Dagegen erfand man erst die Teletubbies und später Pokémon, also nur ausgesucht Anspruchsloses und pädagogisch daher garantiert Wertvolles. Doch der Teufel steckt wie immer im Detail, und sei es in Form einer scheinbar unverfänglichen nachmittäglichen Werbung für Schokoladeneier und ihre darin zusammengepferchten Bastelsätze. Eigentlich war das natürlich alles gar nicht so gemeint mit dem Eintauchen in die süße Überraschungswelt, aber zumindest im Allgäu hat ein Dreijähriger die Gelegenheit, schon früh ins Fernsehen zu kommen, nicht ungenutzt verstreichen lassen. Bei seiner Mutter mochte sich Stolz auf den entschlossenen Sohn jedoch nicht so recht einstellen; sie klagt nun – na klar – die „Werbeindustrie“ an, „unverantwortliche“ Spots zu drehen. Im Grunde ist das aber durchaus beruhigend: Schlimmer als Kinder vor der Kiste sind allemal Kinder in der Kiste. Das war schon in den Achtzigern so.
Zeichnung: André Poloczek