Krisenfester Exportschlager
Finanzkrise? Bankenpleiten? Konjunktureinbruch? Pah! Wie der Exportweltmeister seinen Titel souverän gegen die Chinesen verteidigen und dabei auch noch historisches Bewusstsein geltend machen kann, legt Malte S. Sembten im folgenden Gastbeitrag für Lizas Welt anschaulich dar.
There’s no business like Shoa business. Ein zukunftsweisendes Geschäftsmodell für den (noch) amtierenden Exportweltmeister
VON MALTE S. SEMBTEN
Deutschland leidet derzeit sehr, unter anderem an einer veritablen Exportmisere. Wir mögen uns damit abgefunden haben, dass nach Hollywood exportierte deutsche Schauspieler häufig remittiert werden. Ebenso damit, dass nach Pakistan ausgeführte deutsche Islam-Terroristen regelmäßig als Retoure wieder bei uns aufschlagen. Aber ist es nicht der globale Exporterfolg von weltweit renommiertem Ingenieurshandwerk made in Germany, der uns stattdessen nationale Identität und wirtschaftlichen Status verleiht? Und nun das: Ausgerechnet der Export des deutschen Maschinenbaus ist um bedenkliche 2,7 Prozent geschrumpft, der deutscher Autos und Autoteile gar um verheerende 20 Prozent!
Noch sind wir angeblich amtierender Exportweltmeister. Noch sind wir Papst (das ist allerdings immer häufiger auch peinlich, aber jedenfalls besser, als wenn wir Bischof Williamson wären). Und fest gedrückte deutsche Daumen halfen bislang gegen Sanktionen der Uno und Druck aus den USA, sodass die deutschen Ausfuhren in die Islamische Republik Iran im vergangenen Jahr sogar um ermutigende zehn Prozent wachsen konnten. Dazu passt die wunderbare Nachricht, dass eine Umfrage der BBC uns zur beliebtesten Nation der Welt kürte. Daher wird Deutschland es vermutlich überstehen, sollte es als Weltmeister des Exports abgelöst werden. Wir wissen nämlich aus Erfahrung, dass man als Weltmeister der Herzen über eine herbe Niederlage im globalen Wettbewerb leichter hinwegkommt.
Und doch, und doch: Keine Nation, deren heimatliche Scholle weder Öl birgt noch Gas, lebt von der Liebe der Völker allein. Aus diesem Grunde möchte ich auf eine bisherige ökonomische Nische hinweisen, die gerade in unserer gegenwärtigen geopolitischen Situation laut danach schreit, zu einem lukrativen globalen Markt ausgebaut zu werden – wobei keine Nation eine bessere Qualifikation hierfür mitbringt als Deutschland. Worauf ich anspiele, ist Deutschlands Holocaust-Kompetenz – ein einmaliger Know-how-Vorsprung, der wirtschaftlich bisher noch nicht genügend nutzbar gemacht wurde. Warum sollte nicht der Erfinder des Holocaust – wie einst der Erfinder des Automobils – sich seiner Meriten besinnen, um die Weltmarkt-Führerschaft auf seinem gottgegebenen Gebiet zu beanspruchen? Vom Holocaust-Weltmeister zum Holocaust-Exportweltmeister!
Das ist kein Grund zur Bange. Ich meine ja nicht den Export von Holocaust-Anwendertechnologie, obwohl wir natürlich auch auf diesem Sektor über eine konkurrenzlose Erfahrung und hervorragendes Expertenwissen verfügen. Sicher: Erst kürzlich führte ein maßgeblicher deutscher Gas-Lobbyist in Teheran ein vertrauliches Gespräch mit unserem derzeit chancenreichsten Verfolger im Rennen um den Holocaust-Weltmeistertitel. Doch Mahmud Ahmadinedjad ist bei dieser spannenden Aufholjagd nicht an veralteter Holocaust-Anwendertechnologie interessiert. Schließlich bastelt er – übrigens längst mit Hilfe der deutschen Konkurrenz – mit Hochdruck an der modernen, weil atomaren Vernichtung der Juden.
Nein, vielmehr geht es mir um den mittelfristig uneinholbaren deutschen Vorsprung auf dem Gebiet des Holocaustgedenkens, einmalig manifestiert im Größten Holocaustmahnmal der Welt (GröHoMadeWe). Dieses Holocaustmahnmal im Zentrum unserer Hauptstadt war eine äußerst kostspielige Investition. Sein Grundstück hat einen Wert von 40 Millionen Euro, die Baukosten betrugen fast 15 Millionen Euro allein für das Stelenfeld, von den Unterhaltskosten in Millionenhöhe ganz zu schweigen. Dennoch haben die Aufwendungen sich in mehr als nur einer erhofften Hinsicht amortisiert; man könnte glatt sagen, dass das Mahnmal Stele für Stele ein Reibach ist. Der weltoberste Friedhofswärter der sechs Millionen mustergültigen Juden findet durch das GröHoMadeWe nämlich schon mal Nachsicht, wenn er den Totengräbern aller noch übrigen aufmüpfigen Juden beiläufig Handlangerdienste leistet: Unser GröHoMadeWe legitimiert uns schließlich, besten Gewissens Bomben-Geschäfte mit dem Iran zu tätigen, und es gibt Deutschland Rückendeckung, wenn es keine Lust darauf hat, die zu Führers Geburtstag anberaumte Durban-II-Party zu verpassen.
Der Islam ist global auf dem Vormarsch; islamische Staaten bestimmen immer mehr den Ton in der Welt. Gerade aber in muslimischen Ländern genießen sowohl Industrieprodukte mit dem Herkunftssiegel „Made in Germany“ als auch der industrielle Holocaust made in Germany einen exzellenten Ruf. Was läge also näher, als das Erfolgsmodell Holocaustdenkmal zu exportieren? Sind die hässlichen Haarrisse in den Stelen und andere Kinderkrankheiten des Berliner Prototyps erst einmal kuriert, könnten Qualitätsholocaustmahnmale aus deutschen Landen zum Exportschlager werden. Unser Alt- oder vielmehr Ex-Kanzler Gerhard Schröder hat bereits ein ansprechendes Testimonial zum Holocaust-Mahnmal geprägt („Ein Ort, an den man gerne geht“), das sich aufgrund seiner leichten Übersetzbarkeit in arabische und andere Sprachen und wegen der hohen Popularitätswerte Schröders außerhalb Deutschlands hervorragend als Claim für ein internationales PR-Konzept eignet.
Das beste Sprungbrett zu den avisierten Absatzmärkten wäre wohl unser bewährter Handelspartner Iran, wo, wenn nicht alles täuscht, in absehbarer Zeit Interesse an einem eigenen Holocaustmahnmal bestehen dürfte. Der erwartungsgemäße „Me too“-Effekt in zahlreichen geistesverwandten Weltgegenden würde die Nachfrage steil ansteigen lassen. Ein internationaler Siegeszug deutscher Holocaustmahnmale aller Größen- und Preisklassen wäre nicht mehr aufzuhalten. Vielleicht spricht dann ein zukünftiger deutscher Wirtschaftsminister an einem künftigen 27. Januar zum Holocaust-Gedenktag im Bundestag die folgenden stolzen Worte: „Und somit begehen wir heute nicht nur jenen Tag, an dem wir aus Solidarität mit den toten Juden Europas laut vernehmlich bekennen: ‚Heute sind wir alle Holocaust-Opfer!’, sondern wir feiern zugleich den Export des 25. Holocaustmahnmals und prall gefüllte Auftragsbücher der blühenden deutschen Holocaustmahnmal-Industrie!“
Foto: Lizas Welt