26.12.07

Stoppt Maradona!

Auf dem Fußballplatz war er die „Hand Gottes“, doch seine Qualitäten jenseits des Rasens sind zuweilen unterirdisch. Er hasst George W. Bush und verehrt Fidel Castro und Hugo Chávez. Jetzt will er auch Mahmud Ahmadinedjad persönlich kennen lernen. Und das ist keine Folge eines etwaigen Rückfalls in seine Zeit der Drogenexzesse – Diego Armando Maradona ist vielmehr ein politischer Überzeugungstäter.

Die Aktion war sorgfältig vorbereitet: Nach einem Showball-Einlagespiel am vergangenen Samstag übergab Maradona (Foto) dem iranischen Botschafter in Buenos Aires, Mohsen Baharavand, ein T-Shirt, das er eigenhändig signiert und mit dem Zusatz „Für das iranische Volk, von ganzem Herzen“ versehen hatte. Anschließend erklärte er dem Diplomaten vor laufender Kamera: „Ich habe bereits Chávez und Fidel getroffen. Nun muss ich nur noch Ihren Präsidenten treffen. Ich möchte Ahmadinedjad sehen.“ Er sei „aus tiefstem Herzen mit dem iranischen Volk, das ich unterstütze“, ergänzte der Weltmeister von 1986, „und ich sage das, weil ich es fühle und meine.“

An der Ernsthaftigkeit dieser Sentenzen kann kein Zweifel bestehen. Denn Diego Maradona ist ein politischer Überzeugungstäter, der die Feinde der USA schon lange verehrt und nach Kräften unterstützt: Während seiner Entziehungskur auf Kuba etwa, die 2000 infolge eines exzessiven Kokainkonsums notwendig geworden war, schloss er Freundschaft mit Fidel Castro, dessen Konterfei er sich später auf sein linkes Bein tätowieren ließ. Zuvor hatte Maradona bereits Che Guevara auf seiner rechten Schulter verewigt. In Bälde soll nun auch ein Bild des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez (Foto unten, rechts) den Körper des vierfachen argentinischen Fußballers des Jahres schmücken.

Und Maradona demonstriert nicht nur auf diese Weise seine Abneigung gegen die Vereinigten Staaten von Amerika und insbesondere gegen deren Präsidenten: Im Oktober 2005 beispielsweise trat er gemeinsam mit Fidel Castro im kubanischen Fernsehen auf und versprach dem massimo lider seine Teilnahme an einer Anti-Bush-Kundgebung im argentinischen Mar del Plata. Dort war Maradona dann tatsächlich zugegen; dabei trug er T-Shirts mit Aufschriften wie „Mörder“ und „Stop Bush“, wobei das „s“ im Namen des US-Präsidenten durch ein Hakenkreuz ersetzt war (Foto oben). Zuvor hatte der Ex-Kicker in einem Interview bekundet, er sei „stolz, ein Argentinier zu sein“ und „gegen den menschlichen Müll zu protestieren, der Bush ist“.

Der nun geäußerte Wunsch des 47jährigen nach einem Treffen mit Mahmud Ahmadinedjad ist insofern nur konsequent – und dennoch bemerkenswert. Denn das frühere Idol drängt auf ein Tête-à-tête mit dem Präsidenten just jenes Staates, dessen vor 13 Jahren amtierende Führung wahrscheinlich für den schwersten Terroranschlag in der Geschichte Argentiniens verantwortlich war: Durch einen Bombenangriff auf ein jüdisches Zentrum in der Hauptstadt Buenos Aires im Juli 1994 wurden 85 Menschen ermordet und rund 300 zum Teil schwer verletzt. Die argentinische Justiz kam im Oktober 2006 zu der Erkenntnis, dass diese Attacke von den höchsten Stellen der damaligen iranischen Regierung geplant und von der Hizbollah ausgeführt worden war. Die Staatsanwaltschaft beantragte daher mehrere Haftbefehle, unter anderem gegen den seinerzeitigen iranischen Präsidenten Hashemi Rafsandjani.

Darüber wird Maradona mit Ahmadinedjad allerdings kaum sprechen wollen – und vermutlich auch nicht über die Vernichtungsdrohungen des iranischen Staatschefs gegen Israel oder über dessen antisemitischen Tiraden, deretwegen in diesem Jahr rund 200 iranische Juden nach Israel ausgewandert sind. Schließlich hat es den einstigen Weltklassefußballer auch nicht gestört, dass Hugo Chávez ein ausgewiesener Antisemit ist, der zuletzt kurz vor dem Referendum über seine Verfassungsreformen noch schnell unter einem fadenscheinigen Vorwand ein jüdisches Zentrum durchsuchen ließ. So göttlich Diego Maradona zu seinen besten Zeiten über den Rasen schwebte, so unterirdisch agiert er, seit er seine Karriere als Kicker beendet hat. Und das ist dann doch irgendwo tragisch.

Hattip: Martin Krauß